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Jirí Belohlávek wird 70. Foto: Czech Philharmonic
Jiri Belohlavek ist tot - Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie. Foto: Česká Filharmonie
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Jiri Belohlavek ist tot - Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie

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Prag - Er führte die Tschechische Philharmonie zu internationaler Anerkennung: Nun ist Jiri Belohlavek im Alter von 71 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Seine besondere Leidenschaft galt den böhmischen und mährischen Komponisten.

Der langjährige Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie, Jiri Belohlavek, ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Er habe in der Nacht zu Donnerstag den Kampf mit seiner schweren Krankheit verloren, teilte ein Sprecher des Orchesters mit. Belohlavek galt als Grandseigneur der tschechischen Dirigentenzunft und als Spitzeninterpret böhmischer und mährischer Komponisten von Antonin Dvorak über Bohuslav Martinu bis Leos Janacek.

Die Philharmonie mit Sitz im Prager Rudolfinum führe er in den Jahren 1990 bis 1992 und noch einmal seit 2012 zu internationaler Anerkennung. Erst im Januar hatte er seinen Vertrag mit dem Nationalorchester um weitere sechs Jahre verlängert. «Die Musik ist der Sinn meines Lebens - ich empfinde sogar Freude, wenn ich nur die Noten lesen», sagte er einmal.

Von 2006 bis 2012 leitete Belohlavek mit großem Erfolg das BBC-Symphonie-Orchester, einen der wichtigsten Klangkörper in Großbritannien. Dabei dirigierte er das Orchester dreimal bei der legendären «Last Night of the Proms». Für seine Leistungen in London zeichnete ihn Königin Elisabeth II. mit dem britischen Verdienstorden «Commander of the British Empire» aus.

«Die Tschechische Philharmonie und die tschechische Kultur haben mit dem Tod Belohlaveks eine große Persönlichkeit verloren, die das Land in der ganzen Welt berühmt gemacht hat», teilte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka am Donnerstag mit. Zuletzt hatte sich der Gesundheitszustand des Maestros verschlechtert. Beim Festival Prager Frühling und bei den Musikfestspielen Dresden musste Belohlavek den Taktstock an Petr Altrichter übergeben.

Musikkritiker hoben die Professionalität Belohlaveks, seine Aufmerksamkeit für Details und sein Gespür für die Klangfarben hervor. Der am 24. Februar 1946 in Prag geborene Belohlavek studierte Violoncello am Prager Konservatorium, bevor er den Dirigentenstab ergriff und bei Sergiu Celibidache Meisterstunden nahm. Der rumänische Star-Dirigent war für seine langsamen Tempi berühmt-berüchtigt.

Von 1990 bis 1992 stand Belohlavek in der Nachfolge der Klassik-Legende Vaclav Neumann ein erstes Mal an der Spitze der Tschechischen Philharmonie, die für ihren warmen Streicherklang bekannt ist. Doch als die Musiker das Recht bekamen, ihren Dirigenten in geheimer Wahl selbst zu bestimmen, endete das Engagement Belohlaveks im Streit. Sie holten mit Gerd Albrecht einen Deutschen ans Pult - damals eine kontroverse Entscheidung. Die Versöhnung kam zum 100-jährigen Bestehen des Orchesters 1999, als Belohlavek und Albrecht je eine Hälfte des Konzerts leiteten.

Belohlaveks Leidenschaft galt vor allem einem Komponisten: Sein Verdienst dürfte es sein, die Werke seines Landsmanns Bohuslav Martinu (1890-1959) zu einem breiteren Publikum verholfen zu haben. Mit dem BBC-Symphonie-Orchester nahm er 2009 alle sechs Symphonien des originellen, aber eher selten gespielten Komponisten auf. Die Musik eines Martinu in der Interpretation von Belohlavek - das sei «ein Feuerwerk der Rhythmen, ein Überschwall der Emotionen, die durchdachte Entstehung von Energie», schrieb einmal ein Kritiker.

 

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