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Keine Lust mehr zum Singen - Heldenbariton Theo Adam wird 90. Foto: Hufner
Verband deutscher Musikschulen in Hessen feiert 50. Jubiläum. Foto: Hufner
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Keine Lust mehr zum Singen - Heldenbariton Theo Adam wird 90

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Dresden - Bayreuth und die Opernhäuser der Welt sind für ihn längst Vergangenheit. Mit 80 hat sich Sänger Theo Adam verabschiedet von der Bühne - und wenig später auch aus der Öffentlichkeit. Fast 30 Jahre hat Bassbariton auf dem Grünen Hügel in Bayreuth brilliert. In 13 Jahren war er der Wotan in Wieland Wagners «Ring»-Inszenierung - und Heldenbariton.

Zwischen 1952 und 1980 sang er an der einstigen Wirkungsstätte von Komponist Richard Wagner (1813-1883) auch König Heinrich im «Lohengrin», den Landgrafen im «Tannhäuser», Amfortas im «Parsifal» und Fasolt im «Rheingold». 1974 debütierte er in den «Meistersingern» am Münchner Nationaltheater als Hans Sachs.

Für Adam, der heute (1. August) 90 Jahre alt wird, war es die Glanzrolle unter weit mehr als 100 Partien. «Meine schönste Zeit war eindeutig Bayreuth», sagte der Sänger vor zehn Jahren. 70 Jahre hat der Sohn eines Dekorationsmalers alles aus seiner Stimme heraus geholt, fast 60 Jahre auf den Opernbühnen der Welt gestanden. Am 30. November 2006 beendete der Kammersänger seine Karriere dort genauso, wie sie am ersten Weihnachtsfeiertag 1949 begann - als Eremit in Webers «Freischütz» in der Semperoper.

Mit 80 sei es genug, befand er damals. Fortan sollten die eigenen Bedürfnisse den Alltag des Bassbaritons bestimmen. «Ich will mein Leben genießen an der Seite meiner Frau», hatte er diesen Schritt begründet. Tatsächlich besuchte das Paar fortan Theater, Konzerte, Ausstellungen, reiste zu Festspielen. Seit einigen Jahren aber fehlt der markante weiße Haarschopf in der Öffentlichkeit. «Mein Mann ist im Pflegeheim», erklärt Eleonore Adam. Mehr will sie nicht sagen, wie beim Rückzug ins Private beschlossen.

Ihr Mann gehörte ab 1937 dem Dresdner Kreuzchor an, was er als persönliches Glück bezeichnete. Nach dem Krieg arbeitete er als Lehrer und studierte nebenher Gesang beim früheren Heldentenor Rudolf Dittrich. 1949 debütierte Adam an der Staatsoper und sang regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen. Auch an der Met in New York und anderen berühmten Häusern wusste der Sachse, der später auch Opern in Berlin und Dresden inszenierte, sein Publikum zu begeistern - unter anderem mit ungewöhnlicher Vielseitigkeit.

Der Umfang seiner Stimme erlaubte Aufgaben als dramatischer Bass- und Heldenbariton ebenso wie Modernes. So sang er die Titelrolle in Alban Bergs «Wozzeck» oder «Einstein» von Paul Dessau, Doktor Schön in Alban Bergs «Lulu» ebenso wie den Ochs in Richard Strauss' «Rosenkavalier». Der Baal in der Uraufführung der gleichnamigen Oper von Friedrich Cerhas bei den Salzburger Festspielen 1981 war seine 100. Rolle. Ihn sang er 1996 zum letzten Mal - mit 70.

Unter bekannten Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Karl Böhm, Herbert von Karajan und Franz Konwitschny entstanden zudem mehr als 100 Schallplatten mit Opernarien, Kantaten, Oratorien, Messen, Passionen und Liedern. Der vielfach ausgezeichnete Künstler moderierte zudem im DDR-Fernsehen, machte auch als Schriftsteller auf sich aufmerksam und engagierte sich als Jurymitglied bei Musikwettbewerben. «Fleiß, Selbstkontrolle, Disziplin und vor allem mit den Füßen auf dem Boden bleiben», riet er immer den jungen Sängern.

Dieser Maxime blieb der Künstler, der sich bis ins hohe Alter mit Schwimmen fit und schlank hielt, selbst auch treu. Sein Talent hat Adam anscheinend weitergegeben: Seine Urenkelin Charley Ann Schmutzler setzte sich 2014 mit ihrer ausdrucksstarken Soul-Stimme bei der Fernsehshow «The Voice of Germany» als Siegerin durch.

Zu seinem 85. Geburtstag hatte Adam seinen beruflichen Erfolg und sein harmonisches Privatleben am noblen Elbhang resümiert: «Ich kann sagen, dass ich immer sehr glücklich war.» Die Landschaft, die einst auch Künstler wie Friedrich Schiller oder Richard Wagner inspirierte, war Teil seines Lebenselixiers. Nun locken selbst die schönsten Volkslieder nicht mehr, im Heim singt er nicht mit, sagt Eleonore Adam und zitiert ihren Mann: «Ich hab genug gesungen.»

 

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