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Kunstexperten prüfen Portigon-Sammlung - Musikinstrumente sollen auf Kulturgutliste

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Düsseldorf - Das nordrhein-westfälische Kulturministerium will drei kostbare Musikinstrumente und bis zu 30 hochkarätige Kunstwerke aus der Sammlung der ehemaligen WestLB vor einem drohenden Verkauf ins Ausland sichern. Erstmals seit sieben Jahren berief Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) den NRW-Sachverständigenausschuss zur Prüfung national wertvollen Kulturguts ein. Dieser soll die wertvollsten Objekte aus der Sammlung der WestLB-Nachfolgerin Portigon AG unter gesetzlichen Kulturschutz stellen. Damit dürfen die Objekte nicht mehr ausgeführt werden. Im Inland dürften sie aber veräußert werden.

Als erstes soll der Ausschuss die Stradivari-Violine «Lady Inchiquin» (1711), die an den weltberühmten Geiger Frank Peter Zimmermann ausgeliehen ist, sowie die Stradivari «ExCroall» (1684) und ein Violoncello von Joseph Rocca (1860) prüfen. Das Ministerium bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht der «Bild»-Zeitung. Bis zum Ende des Prüfverfahrens gilt eine Ausfuhrsperre auch für sämtliche 400 Werke der ehemaligen WestLB-Kollektion. Sie umfasst Arbeiten von August Macke und Pablo Picasso bis Joseph Beuys und Sigmar Polke.

Eine Vorprüfung durch zwei Gutachter soll bis zum Wochenende abgeschlossen sein. Anschließend wird der Sachverständigenausschuss nach Expertenmeinung letztlich nur 20 bis 30 Kunstwerke darauf prüfen müssen, ob sie auf die Liste national wertvollen Kulturguts gehören. Die letzte Entscheidung trifft Schäfer. Nach einer ersten Einschätzung seien «eine Reihe der Werke für die Museumslandschaft in Nordrhein-Westfalen von großer Bedeutung», teilte Schäfer mit. «Einige können als Hauptwerk eines Künstlers bezeichnet werden.»

Zum Sachverständigenausschuss gehören nach dpa-Informationen der ehemalige Kunstsammlungsdirektor Armin Zweite, der frühere Leiter des Kölner Wallraf-Richartz-Museums, Rainer Budde, die Bonner Professorin für Kunstgeschichte Anne-Marie Bonnet, der Kunstsammler Heiner Wemhöner und der Galerist Hans Strelow. Die Mitglieder dürfen sich bis zum Abschluss der Prüfung weder zu ihrer Arbeit noch zu den Kunstwerken äußern.

Bonnet, Wemhöner und Strelow sind die ersten neu berufenen Mitglieder seit 20 Jahren. Der wegen Betrugs zu Schadensersatz verurteilte Kunstberater Helge Achenbach war nach dem Gerichtsurteil vergangene Woche abberufen worden.

Im Landtag trat Schäfer Befürchtungen entgegen, es könnte rasch zu Verkäufen kommen. Es gebe keinen Anlass für Sorgen, dass in den nächsten ein, zwei Jahren «etwas außer Landes gegeben wird». 

Portigon hatte angekündigt, die Sammlung im Zuge der von der EU angeordneten Abwicklung zu verkaufen. Daraufhin hatte es Proteste von Museen und Kulturinstitutionen bundesweit gegeben.

Der Museumsverband ICOM forderte Gesetze zur Verhinderung der Veräußerung von Kulturgut aus öffentlichem Besitz. Die aktuellen Diskussionen etwa in Nordrhein-Westfalen zeigten ein «offensichtlich schwindendes Verantwortungsgefühl gegenüber dem kulturellen Erbe», hieß es in einer Erklärung.

Schäfer hatte bereits vor mehreren Wochen einen Runden Tisch zu der Frage der Zukunft von Kunst aus landeseigenen Unternehmen angekündigt. Der Runde Tisch mit mehr als 20 Teilnehmern kommt erstmals am 5. Februar zusammen. Dazu gehören neben Schäfer und Walter-Borjans auch Portigon-Chef Kai Wilhelm Franzmeyer, Kunstsammlungsdirektorin Marion Ackermann, Vertreter von Kulturstiftungen und Abgeordnete. 

 

(nmz-bl) - Wenn die Leihgabe der Stradivari an Frank Peter Zimmermann fortgesetzt würde, könnte das bedeuten, dass er mit "seinem" Instrument nicht mehr im Ausland gastieren darf. Diese Frage müsste vom  Sachverständigenausschuss ebenfalls geklärt werden.

 

 

 

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