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Baustelle Verwertungsrechte. Foto: Hufner
Nachrichten aus dem KIZ. Fotomotiv: Hufner
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Lebensgrundlage von Urheber*innen in Gefahr: EU-Richtlinie muss auch in Deutschland konsequent umgesetzt werden!

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Die Verabschiedung der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie bzw. „Digital Single Market-Richtlinie“ (DSM-RL) ist eine Errungenschaft für alle Kreativen in Europa. Sie markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Plattformhaftung, hin zu fairer Vergütung für Urheber*innen und zugleich zu mehr Rechtssicherheit für User bei medialer Nutzung kreativer Leistungen Dritter.

Die Deutsche Jazzunion begrüßt die von der deutschen Bundesregierung mitgetragene Entscheidung für die Richtlinie und weist gemeinsam mit vielen anderen Bundesverbänden von Künstler*innen und Musikwirtschaft darauf hin, dass eine konsequente Beachtung der Absichten des Regulierungsvorhabens – so wie in der DSM-RL, aber auch in der „Protokollerklärung“ der Bundesregierung vom 19.04.2019 formuliert – bei der Umsetzung in deutsches Recht von existenzieller Bedeutung ist.

Denn einige im Referentenentwurf für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG-E) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgesehene Abweichungen bergen Konfliktpotential und müssen dringend geändert werden.

Im vorliegenden Entwurf ist in §6 – anders als in fast allen anderen Ländern der EU – eine Bagatell-Schranke vorgesehen, die in bestimmten Fällen eine pauschal vergütete Nutzung von Werken oder Werkteilen in klar definierten Umfängen erlaubt, wie bspw. 20 Sekunden von Musikstücken. Eine derartige Regelung mit absolut formulierten Maßgaben und ohne Bezugskriterien würde nicht nur Komponist*innen, sondern auch zigtausende Urheber*innen anderer kreativer Leistungen wie Text, Foto, Kunst oder Film sowie ausübende Künstler*innen erheblich schlechter stellen als von der EU vorgegeben, und deren wirtschaftliche Existenz bedrohen.

Nikolaus Neuser, Vorsitzender der Deutschen Jazzunion: „Die in §6 des Referentenentwurfs vorgesehene Bagatell-Schranke ist nicht in der EU-Richtlinie vorgesehen und sorgt für großes Unbehagen unter den Urheber*innen. Eine pauschal vergütete Freigabe von urheberrechtlich geschützten Werkauszügen bis hin zu ganzen Werken würde die Lebensgrundlage vieler Kreativschaffender bedrohen!“

Inzwischen äußert auch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in einer Stellungnahme erhebliche Bedenken an dieser Regelung und fordert die Streichung.

Auch die Pastiche-Regelungen in §5 sieht die Deutsche Jazzunion mit Sorge: Gerade im Bereich von Musik-Remixen, für die oftmals auf Passagen etwa aus Jazzkompositionen zurückgegriffen wird, muss sichergestellt sein, dass die Persönlichkeitsrechte von Urheber*innen gewahrt bleiben und diese auch künftig angemessen vergütet werden – so, wie es seit Jahrzehnten der Fall ist.

Die Urheber*innen müssen auch bei User Generated Content vor mutwilligem Missbrauch ihrer Werke geschützt werden. Die Deutsche Jazzunion warnt jedoch vor einer Abwälzung der Plattformhaftung auf Endverbraucher*innen durch Preflagging.

Wolfgang Lackerschmid, Komponist und Vorstandsmitglied der Deutschen Jazzunion: „Wenn beim Upload per Opt-In bestätigt werden muss, dass die Nutzung der verwendeten Werke erlaubt ist, so liegt die Haftung am Ende doch wieder bei den Usern – und nicht, wie in der EU-Richtlinie vorgesehen, bei den Plattformen! Die User sind dann für ihre Uploads persönlich haftbar und unüberschaubaren Rechtsansprüchen und Forderungen ausgesetzt.“

Viele Jazzmusiker*innen bestreiten ihren Lebensunterhalt zum Teil durch Einnahmen aus Film- und Medienmusik. Nicht zuletzt deshalb tritt die Deutsche Jazzunion für Verbesserungen bei den in den §§ 18–20 des Referentenentwurfs vorgesehenen Regelungen zur Durchsetzung von Ansprüchen der Urheber*innen auf Auskunft sowie für eine Stärkung des kollektiven Urhebervertragsrechts für Verbände ein. Die Deutsche Jazzunion unterstützt darüber hinaus den Vorschlag, einen allgemeinen Direktvergütungsanspruch für ausübende Künstler*innen im Urheberrechtsgesetz zu verankern.

Insbesondere mit Blick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft fordert die Deutsche Jazzunion die Bundesregierung auf, die auf europäischer Ebene gemeinsam erarbeiteten Richtlinien nicht zu unterwandern.

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