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Musikschule Mönchengladbach platzt aus allen Nähten

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"Musik ist mehr als Mädchen in weißen Strümpfen"
Von Claudia Kook

Mönchengladbach. "Sogar unsere Reinigungskräfte haben wir schon aus ihrem Raum vertrieben und ihn in einen Übungsraum umfunktioniert." Wenn Frank Füser Bilanz für "seine" Musikschule zieht, bringt er es ohne Umschweife auf den Punkt: "Das Haus ist voll."

Händeringend sei man zum Beispiel auf der Suche nach einem Übungsraum für die Rockbands, so der Musikschulleiter, "das Beste wäre, wenn das Kulturamt eine alte Fabrik finden würde."

Rund 6000 Menschen aller Altersgruppen wurden im vergangenen Jahr pädagogisch betreut; 4000 davon als ausgewiesene Schüler, 2000 in verschiedenen Projekten. Damit sind die 100 Lehrkräfte, die sich 50 Stellen teilen, nicht nur räumlich am Ende ihrer Kapazitäten angelangt. 1995, als Füser seine Stelle antrat, waren es noch 3200 Schüler gewesen und 800 auf der Warteliste. Auch um diese Interessenten "aufzufangen" habe man mit den Projekten begonnen und so 2000 weitere Menschen "bedient".

Doch 800 bis 1000 Namen standen auch vergangenes Jahr wieder auf der "Nachrückliste". "Das wird allmählich zu einem echten Problem", meint Füser. Es gäbe heute Wartezeiten von bis zu drei Jahren, beispielsweise bei Schlagzeug- und Gitarrenunterricht. 20 Projekte konnten nicht umgesetzt werden, weil man an seine Grenzen gestoßen sei.

Von Geldangelegenheiten spricht Füser nur, indem er immer wieder vorweg schickt, "ich beklage mich bewusst nicht, wir als Musikschule werden nicht benachteiligt". Im Haushalt der Stadt sei man ohne Kürzungen "adäquät bedient worden". Die Arbeit der letzten Jahre sei "gewürdigt worden".

Aber die Musikschule, die so groß ist wie die Düsseldorfer und größer als ihr Kölner Pendant, laufe finanziell ständig den steigenden Personalkosten hinterher (2001: 150 000 Mark). Zwar werde man die Preise etwas angleichen (zurzeit kostet Klavierunterricht zu Beginn etwa 35 Euro im Monat, Einzelunterricht rund 55 Euro). Und erfreulich sei, dass die Einnahmen bei gleichem Personal fast verdoppelt wurden.

Aber das Geld wird knapp. Die Ermäßigungen fürs zweite, dritte oder mehr angemeldete Kinder sind seit 1995 (damals waren es 90 000 Mark) auf 250 000 Mark im vergangenen Jahr angestiegen. "Ein Großteil des Betrages erklärt sich durch Sozialhilfeempfänger an unserer Schule", räumt Füser mit einem Vorurteil auf, "das sag ich nur zum Vorwurf ,elitäre Einrichtung`." Die Einrichtung leiste Breitenarbeit für möglichst alle Zielgruppen: "Das Ergebnis sieht man auch bei ,Jugend musiziert` auf einer guten, breiten Basis liegt auch eine gute Spitze."

"Pisa-Studie", "Konzentrationsschwierigkeiten" oder "Gewaltprävention" haben bei Füser einen direkten Bezug zum Musikunterricht. Das Erfassen komplexer Informationen, soziale und kommunikative Fähigkeiten spielten eine Rolle. "Klavierspiel ist mehr als Mädchen mit weißen Strümpfen, es geht um Bildung. Wir sind keine Kultur-, sondern eine Bildungseinrichtung."

Westdeutsche Zeitung http://www.pipeline.de/cgi-bin/pipeline.fcg?userid=1&publikation=30&tem…
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