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Richtungskampf in Musikbranche um Gratis-Songs aus dem Netz

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Berlin - Die arg gebeutelte Musikindustrie wittert nach Jahren des Schrumpfens die Aussicht auf Wachstum. Der Hoffnungsträger sind die neuen Streaming-Dienste, bei denen die Songs direkt aus dem Netz abgespielt werden. In der Branche tobt jedoch ein Richtungsstreit, den die Kunden direkt zu spüren bekommen könnten.

 

Es geht vor allem darum, wie umfangreich das kostenlose Angebot sein darf. Der Chef des weltgrößten Musikkonzern Universal Music, Lucien Grainge, macht Druck, stärker auf kostenpflichtige monatliche Abos zu setzen. Andere mahnen zur Vorsicht und sehen das heutige «Freemium»-Modell mit einer Mischung aus Gratis-Angebot und bezahltem Premium-Service als Lösung im Kampf gegen Internet-Piraterie.

Eine warnende Stimme kommt direkt aus der Chefetage eines der drei übriggebliebenen großen Musik-Konzerne. «Ich denke, bevor Leute beschließen, dass Freemium auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden sollte, müssen wir sehr gründlich über die Konsequenzen nachdenken», sagte Warner-Music-Chef Stephen Cooper zur Vorlage aktueller Quartalszahlen. Wenn man versuchen würde, die Menschen durch das Austrocknen des Gratis-Angebots in Abo-Modelle zu zwingen, würde das nur zur Folge haben, dass sie wieder mehr raubkopierte Musik aus dem Internet saugen werden, argumentierte er.

Ähnlich sieht man es beim französischen Musikdienst Deezer. «. Aktive Nutzer eines kostenlosen Streaming-Dienstes wechseln irgendwann zur Premium-Variante, das sehen wir ganz genau an den Zahlen», sagte Michael Krause, der bei Deezer für das Geschäft im deutschsprachigen Raum zuständig ist. Das könne zwar lange dauern - «aber das passiert irgendwann». Auch Krause sieht die Gefahr, den Wandel im Nutzer-Verhalten abzuwürgen: «Wenn es diese werbefinanzierte Gratis-Nutzung nicht gäbe - wie viele Nutzer würden notgedrungen ein Premium-Abo abschließen, und wie viele würden erst wieder auf Piraterie zurückgreifen?»

Die aktuellen Zahlen aus der Musik-Branche zeigen eine wachsende Rolle der Streaming-Dienste. Im vergangenen Jahr hatten sie nach Schätzung des Branchenverbandes IFPI einen Anteil von 14,6 Prozent an dem insgesamt knapp 15 Milliarden Dollar großen weltweiten Musik-Markt.

Die Gratis-Angebote sorgen für den Zustrom der Nutzer - doch die Abo-Einnahmen bringen den Großteil des Geldes in dem neuen Geschäft. Die zahlenden Kunden sind klar in der Minderheit bei den Streaming-Diensten: Beim Marktführer Spotify etwa hat nur jeder Vierte der 60 Millionen Nutzer ein kostenpflichtiges Abonnement, bei Deezer sind es 6 von 16 Millionen. Aber laut IFPI-Zahlen brachten rund 41 Millionen Abo-Kunden weltweit der Industrie 1,6 Milliarden Dollar ein. Das wären 10,6 Prozent der Gesamteinnahmen und ein Löwenanteil der Streaming-Erlöse.

Insgesamt hat das sogenannte digitale Geschäft gerade erst die Umsätze mit physischen Tonträgern wie der CD überholt. Und den Großteil davon macht nach wie vor der Verkauf von Downloads aus. Doch inzwischen werden von Jahr zu Jahr weniger Songs heruntergeladen. Und die Abo-Erlöse gehen um 39 Prozent hoch. Kein Wunder, dass Universal-Music-Chef Grainge diese Welle reiten will. Zugleich befürchtet er ein Wegbrechen der Einnahmen, wenn alle Welt auf Gratis-Streaming umsteigt. «Werbefinanzierte Abruf-Angebote werden nicht das Ökosystem aus Künstlern und Investoren nachhaltig aufrechterhalten können», sagte er beim Auftritt auf einer Konferenz des Technologieblogs «Recode» im Februar. Der Umstieg auf das Modell müsse beschleunigt werden, lautet seine Lösung.

Laut Medienberichten gibt es aus der Musik-Branche Druck auf Spotify, das Gratis-Angebot in Zukunft stärker einzuschränken, etwa bei der Zahl der Songs. Bereits jetzt gibt es in der kostenlosen Version des schwedischen Dienstes Werbe-Unterbrechungen, der Nutzer kann die Abfolge der Songs nicht bestimmen und nur wenige Male zum nächsten Titel weiterspringen.

Die Verfechter des Abo-Modells bekamen Rückenwind etwa von Sängerin Taylor Swift, die ihre Alben bei Diensten mit Gratis-Version abzog. Jüngst startete Rap-Mogul Jay Z einen Bezahl-Service, der mit exklusiven Inhalten punkten will. Und für Sommer wird erwartet, dass Apple einen neuen Abo-Dienst startet, nachdem der iPhone-Konzern bisher vor allem auf das Geschäft mit Downloads setzte.

Zugleich schneide sich die Musik-Industrie aber ins eigene Fleisch, weil sie die meisten Neuveröffentlichungen auf Videoplattformen wie Googles YouTube gratis und werbefinanziert verfügbar mache, kritisiert Deezer-Manager Krause. «Wenn man schon darüber diskutiert, muss man diese Streams auch mit einbeziehen.»

Deutschland ist allerdings - zumindest bisher - ein Sonderfall im globalen Musikgeschäft: Hier kommen über zwei Drittel der Erlöse immer noch aus dem CD-Verkauf.

 

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