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Steinway: Steigende Umsätze mit selbstspielendem Piano. Foto: Hufner
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Steinway: Steigende Umsätze mit selbstspielendem Piano [update, 10.4.]

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Hamburg - Die Zukunft des Marktes für Tasteninstrumente sieht der Hamburger Klavierbauer Steinway & Sons verstärkt bei sehr wohlhabenden Privatkunden in China und Osteuropa. Doch auch Frankreich und Deutschland böten Wachstumsraten, sagte Guido Zimmermann, seit März neuer Geschäftsführer. «Wir setzen vermehrt auf Editionen von Instrumenten, die wir speziell für individuelle Käufer anfertigen», sagte Zimmermann.

Bereits ein Viertel der Produktion bei steigender Tendenz mache inzwischen ein neues hoch auflösendes Selbstspielsystem aus, das Steinway selbst entwickelt habe. Besitzer eines solchen Flügels müssten ihn nicht mehr unbedingt selbst spielen, sondern könnten dank eingebauter Technik auch die Kunst eines Horowitz oder Lang Lang erklingen lassen.

Außerdem will das Traditionsunternehmen eigene Geschäfte in Paris, London, Peking und Shanghai noch in diesem Jahr entweder erweitern oder eröffnen. Derzeit verfügt das Unternehmen weltweit über zehn Einzelhandelsgeschäfte sowie etwa 70 autorisierte Händler. «Wir sind in einer Branche, in der Geld nicht das Thema ist. Man kauft, wenn man sich wohlfühlt und Vertrauen in die Zukunft hat», erklärte Zimmermann. So gäbe es in Großbritannien seit der Brexit-Entscheidung bereits gestiegene Umsätze.

[update, 10.4.]

Steinway: Mit einem selbstspielenden Flügel zu neuen Käuferschichten

Ulrike Cordes, dpa

Künstler wie Wladimir Horowitz, Lang Lang und Diana Krall haben den Flügeln von Steinway zu ihrem Ruf verholfen. Heute findet das Unternehmen seine Kundschaft auch in China. Neu im Angebot: ein selbstspielendes Pianoforte.

Hamburg - Am Anfang war der Küchenflügel. Das Tasteninstrument, das der gelernte Möbeltischler Heinrich Engelhard Steinweg 1836 in seiner Wohnung in Seesen im Harz baute, befindet sich noch immer im Besitz der Firma Steinway & Sons - ausgeliehen an das Musical Instrument Museum in Phoenix/Arizona (USA). Jüngste Errungenschaft des Unternehmens, das Steinweg nach seiner Auswanderung unter seinem amerikanisierten Namen 1853 in New York gegründet hat, ist ein technisch hoch entwickeltes Selbstspielgerät: ein Flügel, den sein Besitzer nicht mehr unbedingt selbst beherrschen muss.

Denn man kann darauf - ohne, dass der Mensch am Flügel einen Finger bewegen muss - die Kunst von Wladimir Horowitz oder Lang Lang erklingen lassen. Ebenso Jazz oder Popmusik. Mehr als 500 Exemplare hat Steinway von dem Instrument mit dem Namen «Spirio» bereits weltweit verkauft. Das entspreche bereits einem Viertel der weltweiten Jahresproduktion, sagt der Geschäftsführer von Steinway Europe, Guido Zimmermann. Tendenz: steigend.

Ab 100 000 Euro aufwärts kostet ein solcher Flügel. «Wir sind in einer Branche, in der Geld nicht das Thema ist. Man kauft, wenn man sich wohl fühlt und Vertrauen in die Zukunft hat», sagt Zimmermann. In diesen Kreisen weiß man das Prestige eines mit viel Handarbeit produzierten Flügels zu schätzen - auch, wenn man selbst keinen Klavierunterricht genossen hat.

Zimmermann sagt auch, wo Steinway denkt, diese Käufer zu finden: Die Zukunft des Marktes für Tasteninstrumente sieht er verstärkt bei sehr wohlhabenden Privatkunden in China, Osteuropa, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. «Wir setzen heute vermehrt auf Editionen von Instrumenten, die wir speziell für individuelle Käufer anfertigen», sagt er. Steinway will noch in diesem Jahr eigene Geschäfte in Paris und London, sowie ebenso in Peking und Shanghai entweder erweitern oder eröffnen. Derzeit verfügt das Unternehmen weltweit über zehn Geschäfte sowie etwa 70 autorisierte Händler.

Den Trend zum Ausland bestätigt Christian Blüthner-Haessler, Vorsitzender des Bundesverbandes Klavier. «Unternehmen, die die Herausforderungen der Globalisierung angenommen haben, stehen gut da», sagt der Geschäftsführer der Julius Blüthner Pianofortefabrik aus Großpösna bei Leipzig.

Zimmermann sagt aber auch, dass auch die Märkte in Frankreich und Deutschland immer noch Wachstumsraten böten. Auch hier stimmt ihm Blüthner-Haessler zu: Unternehmen dürften den traditionellen Markt nicht vernachlässigen. Und sie müssten neue Konzepte entwickeln. Sein Unternehmen, ebenfalls 1853 gegründet, stellte etwa im vergangenen Jahr das «Piano e-volution» vor, ein akustisches Instrument mit digitaler Technik. In die selbe Richtung geht Steinway mit seinem selbstspielenden Flügel.

Steinway ist seit 1880 auch in Hamburg vertreten. Die Flügel für Nord- und Südamerika werden am US-Gründungsort New York gebaut, die für den Rest der Welt in Hamburg. Derzeit verlassen pro Jahr im Schnitt tausend Flügel und einige Hundert Klaviere die Fabrik im Stadtteil Bahrenfeld.

In 164 Jahren Firmengeschichte hat Steinway 603 000 Instrumente verkauft. Im Jahr 2013 wurde die Firma für 386 Millionen Euro von dem US-Hedgefonds-Manager John Paulson übernommen. Zahlen zu Umsatz oder Gewinn gibt das Unternehmen nicht heraus - da es einem Privatmann gehört, ist es dazu nicht verpflichtet.

In Hamburg setzen rund 300 Tischler und Klavierbauer aus 12 000 Einzelteilen Flügel zusammen. Am Ende der Fertigung wird in der Tongenauigkeitskontrolle jede einzelne Taste 10 000 Mal eingespielt. Ein gutes Jahr dauert die Herstellung eines Flügels. Zum Einsatz kommt Hart- und Weichholz wie Ahorn, Mahagoni und Fichte sowie etwas Metall für Gussplatte, Stimmwirbel und Saiten. Die weißen Tasten nicht mehr aus Elfenbein - sondern aus eigens entwickeltem Kunststoff. Für den krönenden optischen Abschluss sorgt Polyesterlack, der den charakteristischen Glanz auf die Instrumente zaubert.

Egal, wo die Käufer der Steinway-Flügel sitzen, eine zuverlässige Stütze des Umsatzes sind seit 150 Jahren die «Steinway Artists». Künstler wie Sergej Rachmaninow, Daniel Barenboim, Jewgeni Kissin oder auch Billy Joel, die nur auf Steinway spielen und so die Marke öffentlichkeitswirksam unterstützen.

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