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Das erste Grün sprießt schon: die Musikmesse erfindet sich neu. Foto: Juan Martin Koch
Das erste Grün sprießt schon: die Musikmesse erfindet sich neu. Foto: Juan Martin Koch
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Die Musikmesse wird retro, die Allianz-Arena wird „Celibidache-Odeon“: taktlos 152 – die Nachrichten

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Frankfurt: „Auch wir haben verstanden“ – kommentierte Musikmesse-Chefin Cordelia von Gymnich einen radikalen Kurswechsel in der Messe-Gesamtkonzeption. „Weg mit den stromfressenden Lichtmasten und Verstärkertürmen, hinfort mit all dem Kommerztand. Wir besinnen uns zurück auf die ehrlichen und wahren Ursprünge der Musik.“ Die Musikmesse 2012 findet im Freien auf dem „Großen Feldberg“ statt. Geboten wird Flöten-Schnitzen und Trommelfell-Schaben sowie viel lustig Gesang und Tänzlein. Als kleine Reminiszenz an verpfuschte Zeiten gibt es einen Theremin-Workshop, natürlich mit quecksilberfreien Batterien und Holzkohle-Löten.

Köln/Berlin: Die aktuelle Ausgabe von „Deutschland sucht den Superstar“ wird abgebrochen und durch „Deutschlands Jugend musiziert“ ersetzt. Das erklärte der neue Vorsitzende des RTL-Programmausschusses Christian Höppner im Rahmen einer Neuauflage des RTL-Quotenhits „Tutti-Frutti“. Höppner, zugleich Vizepräsident des Deutschen Kulturrates und Generalsekretär des Deutschen Musikrates, erhofft sich so eine Realisierung seines eigenen Leitsatzes: „Nur wer das je Unbequeme kennt und rechtzeitig flüchtet, kann das Angenehme angemessen akzeptieren“. Die Einnahmen aus dem Televoting sollen der momentan maroden Musikrats gGmbH in Form von lang abgelagertem Notenmaterial aus dem Schott-Verlag zufließen.

London/Freiburg: Die meisten erfolgreichen Titel der Beatles stammen nicht aus der Feder von John Lennon und Paul McCartney, sondern sind von dem zeitgenössischen Komponisten Brian Ferneyhough verfasst worden. Ferneyhough, verdiente sich in den 60er Jahren noch eher schlecht als recht mit mittelmäßigen Schlagerproduktionen sein Physik-Studium. Erst in den 80er Jahren stellte er fest, dass sich mit der Komposition Neuer Musik mehr Geld machen ließ. Seinen komplexistischen Kompositionsstil entwickelte er aber an Songs wie „Eleanor Rigby“, „Because“ oder „A Day In The Live“. Mit „Yellow Submarine“ setzte er seinen Vorbildern Luigi Nono, Ludwig van Stockhausen und Pierre Boulez ein fortwirkendes subkutanes Denkmal.

Frankfurt/Wiesbaden: Die Städte Frankfurt und Wiesbaden haben sich auf einen ungewöhnlichen Deal eingelassen. Während Frankfurt endlich zur hessischen Landeshauptstadt umfirmiert, erhält Wiesbaden die Frankfurter Musikhochschule. Im gleichen Zuge tauschen die Offenbacher ihre Kickers auf Druck der Bundesregierung gegen die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik. „Strukturwandel darf auch vor ehernen Institutionen nicht länger Halt machen“ – forderte forsch der brandneue Bundeskulturminister Rainer Brüderle – und erhob im gleichen Zug das Lied „Trink, trink, Brüderle trink“ zur offiziellen deutschen Nationalhymne.

München: Die leidige Diskussion um einen geeigneten Konzertsaal für die Landeshauptstadt ist vom Tisch. Nach groben Beleidigungen durch seine Fußball-Fans widmete Manager Uli Höneß, nachdem er sich im Handstreich-Verfahren alle Nutzungsrechte auf hundert Jahre gesichert hatte, die ehemalige „Allianz-Arena“ in ein „Celibidache-Odeon“ um. Das Oval erhält aus akustischen Gründen einen Beton-Deckel, den Höneß aus der Konkursmasse von Isar 1 günstig herauslösen konnte. „Dieses hektische Gekicke samt dem Fan-Geplärr ging mir schon lang auf den Geist“, so Uli im Rahmen einer Spielfeld-Verabschiedungs-Andacht. „Bei Bruckner kann ich wenigstens wieder ruhig schlafen.“

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