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Hans Werner Henze beim Musikautorenpreis 2011 in Berlin. Foto: Martin Hufner
Hans Werner Henze beim Musikautorenpreis 2011 in Berlin. Foto: Martin Hufner
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Gedenken und Mahnung: Die Stadt München ehrt den verstorbenen Hans Werner Henze mit einem Konzert

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Eigentlich müsste die Muffathalle in München Henze-Halle heißen. Denn es war Hans Werner Henze, der sich dafür stark gemacht hatte, dass die ehemalige Fabrik unterhalb des Gasteigs zu einem Veranstaltungsort umgewandelt wurde. Seit 1992 werden hier Musikveranstaltungen gestemmt, für die es sonst in der Stadt kaum andere geeignete Örtlichkeiten gäbe – zumal für die Münchener Biennale für neues Musiktheater, die Henze 1988 gegründet hatte.

Und damit ist alles gesagt: München hat dem großen deutschen Komponisten, der im vorigen Herbst 86-jährig verstorben ist, außerordentlich viel zu verdanken. Nicht zuletzt hat die Stadt mit der Münchener Biennale ein Festival, das mit dem konsequent geschärften Blick auf junge, neueste musiktheatralische Formen weltweit singulär ist. Dass sich München Musikmetropole nennen darf, ist auch Henzes Verdienst – Grund genug, ihn mit einem Gedenkkonzert zu würdigen.

Dazu lud die Stadt und die Münchener Biennale in die Muffathalle, um mit drei Werken die große stilistische Bandbreite Henzes zu dokumentieren. Unter der Leitung des gegenwärtigen Biennale-Leiters Peter Ruzicka, einstmals selber Schüler von Henze, gestaltete das Münchener Kammerorchester den Epilog aus der von Hölderlin inspirierten „Kammermusik 1958“ sowie „Being Beauteous“ von 1963 für Koloratursopran (Sarah Maria Sun), Harfe und vier Celli nach dem gleichnamigen Gedicht aus „Les Illuminations“ von Arthur Rimbaud.

Mit der Vorliebe für eine mediterran gefärbte Instrumentalvokalität einerseits und einem fragil schwebendem Kolorit andererseits, das fast schon die Schönheit heraufbeschwört, wurden zwei wesentliche Geisteshaltungen in Henzes Schaffen hörbar. Dezidiert politisches, soziales Engagement ergänzte nach der Pause diese intime, sinnstiftende Schaffensschau: „El Cimarrón“ heißt ein Rezital für vier Musiker von 1969/70, das die Biographie des geflohenen Sklaven Estéban Montejo nacherleben lässt – auch mit Lautmalereien oder Geräuschen wie Kettenrasseln.
Dabei haben Hector Guedes (Bariton), Burkhard Jäckle (Flöte), Harald Lillmeyer (Gitarre) und Stefan Blum (Schlagzeug) drei der fünfzehn Sätze nicht aufgeführt, was allerdings kaum störte. Es ist nicht ungerecht, dieses Werk zu den schwächeren von Henze zu rechnen – dafür aber wurden die jeweiligen Ästhetiken und Stile an diesem Abend mehr oder weniger stringent durchdrungen. Dass das Gedenkkonzert dennoch einen schalen Nachgeschmack hinterließ, war der ungewissen Zukunft der Münchener Biennale geschuldet.

Zwar betonte der Münchner Kulturreferent Hans-Georg Küppers in seiner Ansprache, dass sich der Stadtrat zu dem Festival bekenne, und verweis auf Manos Tsangaris und Daniel Ott, die ab 2016 die Leitung von Ruzicka übernehmen. Dennoch sind Henze und Ruzicka in der Musikwelt ungleich bekannter: Sollte sich die Biennale vollends im provinziellen Kleinklein verlieren und international an Glanz und Öffentlichkeit einbüßen, wäre dies der Anfang vom Ende. Die Stadt München wäre dann dafür verantwortlich, das große Erbe Henzes verspielt und zerstört zu haben – Gedenkkonzerte wie diese wären eine Farce.
 

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