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Schubert im Wurstelprater: Erik Fenton in „Des Teufels Lustschloss“ am Mainfranken Theater Würzburg. Foto: Mainfranken Theater
Schubert im Wurstelprater: Erik Fenton in „Des Teufels Lustschloss“ am Mainfranken Theater Würzburg. Foto: Mainfranken Theater
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„Haut den Franzl“ – Schuberts frühe Oper „Des Teufels Lustschloß“ in Würzburg

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Schubert-Opern haben’s schwer – die frühen aber noch viel mehr. So oder ähnlich möchte man reimen angesichts des jüngsten Versuches einer Wiederbelebung dieser auf den Bühnen äußerst raren Partituren. Dass sie sich nicht so recht durchsetzen, liegt allerdings nicht primär an der Musik, sondern allzu oft an einer aufmerksamkeitsheischenden Inszenierung. So auch jüngst am Mainfränkischen Theater in Würzburg mit Schuberts abendfüllendem Erstling aus dem Jahre 1813/14: „Des Teufels Lustschloß“

Sicherlich, der immerhin schon 16-jährige Schubert hat bei der Vertonung des auf Kotzebue zurückgehenden Librettos dessen zugespitzte Zauberopern-Ironie nicht recht fassen wollen. Vielmehr hat er eine große und vor allem ernsthafte Partitur voller musikalischer Anspielungen geliefert, die vor allem eines zeigen soll: Ja, er kann auch Oper. Typisch (wie auch für andere seiner frühen Werke) ist dabei der ausgiebige Gebrauch der Posaunen sowie einer gelegentlich recht dichten Faktur und Instrumentation. Doch zeigen auch melodische Wendungen und charakteristische Fortschreitungen, aus wessen Feder all dies entsprungen ist. Erstaunlich, wie früh sich eine persönliche musikalische Sprache ausbilden kann.

Man muss sich freilich äußerst konzentrieren, um davon etwas mitzubekommen. Denn Peter P. Pachl buhlt mit seiner geradezu buntscheckigen Inszenierung nicht nur um die Gunst des Publikums, sondern er fordert auch dessen ganze Aufmerksamkeit. Nicht genug, dass die seltsam bedrohliche Alptraum-Welt des Ritters Oswald in den Wiener Wurstelprater verlegt wird, es ist vielmehr Schubert selbst, der mit Brille, Nachthemd und Wollsocken den Part des Ritters übernimmt. Geleitet wird er von Franz von Schober als seinem Schildknappen, und schon taucht er ein in eine wilde, von erotischen Anspielungen und Anzüglichkeiten geprägte Welt, die ihn zum Narren hält. Doch gerade so, wie Pachl im begleitenden Programmbuch gegen das überholte biedermeierliche Schubert-Bild wettert (Bertés „Dreimäderlhaus“), erliegt er selbst als Regisseur auf ganzer Breite den Vereinnahmungen des ausgehenden 20. Jahrhunderts – mithin der Frage nach Schuberts Sexualität und ihren vermeintlichen Spuren in der Musik.

Auf diesem fragwürdigen Konstrukt aber basiert das Bühnengeschehen – Libretto und Vertonung werden vollständig in diese Richtung instrumentalisiert. Dass dabei ausgerecht Schubert selbst zu kurz kommt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: So nimmt Pachl bei einigen Nummern Umstellungen vor, um damit sämtliche Dialoge und die zeittypischen Nebenwege schlichtweg streichen zu können. Tatsächlich nennt er seine Einrichtung eine „Neufassung der Oper“. Was aber zu Beginn noch Neugier weckt, wird spätesten im zweiten Akt zum willfährigen, keine Peinlichkeit auslassenden Klamauk zwischen Jahrmarkts-Possen und erotischen Gaukeleien. Kotzebues Titelworte erleben so eine eigenwillige Transformation, Schuberts Noten treten als Begleitmusik zurück, das bunte Bühnentreiben drängt sich auf.

Musikalisch allerdings wusste das um Gäste verstärkte Ensemble am Mainfränkischen Theater zu überzeugen. So agierte Erik Fenton (Oswald/Schubert) stimmlich präsent, wenn auch nicht immer textverständlich, während Daniel Fiolka (Schildknappe/Schober) und Silke Evers (Krankenschwester/Luitgarde) mit einem geradezu buffonesken Ton für sich einnehmen konnten. Vor allem die Damen und Herren des Opernchores waren vielfach gefordert und nahmen sich sichtlich dankbar der Aufgaben an (ein starker Moment: das Totengräberlied). Enrico Calesso führte das gut einstudierte, intonatorisch aber nicht immer einwandfrei aufspielende Philharmonische Orchester durch die abendfüllende Partitur.

In Erinnerung aber bleibt die offenbar ungewollte Ironie eines der gelegentlich zur Erläuterung des Geschehens einschwebenden Werbeschilder: „Heute: Hinrichtung.“ Armer Schubert.

Weitere Aufführungen: 27. Februar, 6., 9., 12., 17., 24. März, 5. und 26. April (jeweils 19:30 Uhr) sowie 7. April und 26. Mai (jeweils 15 Uhr)

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