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Monty Alexander, Frits Landesbergen und Hasan Shakur in der Stuttgarter Musikhochschule. Foto: Hans Kumpf
Monty Alexander, Frits Landesbergen und Hasan Shakur in der Stuttgarter Musikhochschule. Foto: Hans Kumpf
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Inspirierter Gang durch die Swing-Geschichte: Monty Alexander erhielt die German Jazz Trophy

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Das meterhohe Plakat am Turm der Musikhochschule Stuttgart verkündete es unübersehbar in die Stadt hinein: Als Abschlussveranstaltung des Festivals „jazz open“ wurde wurde dort am vergangenen Sonntag die „German Jazz Trophy 2012“ an den jamaikanischen Pianisten Monty Alexander vergeben. Mit der Skulptur des Stuttgarter Bildhauers Otto Hajek sind seit 2001 Erwin Lehn, Paul Kuhn, Wolfgang Dauner, Toots Thielemans, Hugo Strasser, Jean-Luc Ponty, Kenny Wheeler, Dick Hyman, Carla Bley, Jacques Loussier und Dave Holland ausgezeichnet worden.

Alexander war mit dem amerikanischen Bassisten Hasan Shakur und dem holländischen Schlagzeuger Frits Landesbergen nach Stuttgart in einen ausverkauften Konzertsaal der Stuttgarter Musikhochschule gekommen. Das Trio wusste das Publikum mit einem traumwandlerisch sicheren und inspirierten Gang durch die Geschichte des Swing zu fesseln, der in eine mitreißenden Interpretation von Bob Marleys „No woman, no cry“ mündete. Mehrfache minutenlange Standing Ovations im Laufe des Abends zeugten davon, dass das Publikum gekommen war, um hier „sein“ Idol am Jazzpiano zu feiern.

Mit dem jamaikanischen Pianisten Monty Alexander ehrte die Jury „einen der beliebtesten Jazzmusiker der vergangenen Jahrzehnte und einen Pionier der karibisch-amerikanischen Stilfusionen“, dessen künstlerisches Schaffen sich in über 70 CD-Veröffentlichungen niederschlägt. Immerhin elf davon sind in Deutschland, genauer gesagt in Villingen-Schwenningen entstanden. Dazu ein Auszug aus der Laudatio:

MPS - die Abkürzung von Musikproduktion Schwarzwald – ist noch heute ein Begriff für alle, die Jazz auf Schallplatte und CD kennen, lieben und sammeln. (…) Ohne MPS wäre unser Preisträger heute vielleicht nicht hier an dieser Stelle. Denn 1971 - Monty Alexander war gerade mal 27 – vermittelte ihn kein geringerer als der große Swing-Pianist Oscar Peterson als seinen Nachfolger an den MPS-Labelchef Hans Georg Brunner-Schwer.

Ein Blick zurück: 1966 hatte Oscar Peterson mit Brunner-Schwer einen Exklusivvertrag abgeschlossen. Als Peterson einige Jahre später nach diesem „Schwarzwald-Abstecher“ wieder zu seinem Impresario und Entdecker Norman Granz und dessen neuem Label „Pablo“ zurückkehrte stellte er dem Swingliebhaber Brunner-Schwer einen „Nachfolger“ in Aussicht: Monty Alexander. Die Karriere des jungen Jamaikaners bekam nach dessen erster MPS-LP „Here comes the sun“ von 1971 einen deutlichen Schub. Weitere zehn erfolgreiche MPS-Alben sollten folgen.

Apropos: Here comes the sun. Der junge Pianist überzeugte nicht nur von Anfang als Künstler, er galt in den Villingen-Schwenninger Tonstudios, wo sich viele Musiker die Klinke in die Hand gaben, auch als ausgesprochen charmanter und beliebter Sunny Boy. Alexander kannte bis dahin den Black Forest nicht einmal vom Hörensagen. Doch der unheimliche „Spukwald“, den er vielleicht befürchtet hatte, stellte sich schnell als künstlerisches und menschliches Zuhause heraus. Er erinnert sich: „Villingen war mein erster Trip nach Europa, aber es fühlte sich innerhalb kurzer Zeit an wie Zuhause.“

Das lag nicht zuletzt an dem – O-Ton Alexander – „wunderbaren und berühmten Sound von MPS“, den auch er bald nicht mehr missen mochte. Zu Alexanders LP „Perception“ von 1973 verfasste der Pianist Dave Brubeck den Hüllentext und attestierte Alexander, dass er die große Tradition von Erroll Garner, Bill Evans, Oscar Peterson, George Shearing, ja sogar Art Tatum fortführen könne.

Aus heutiger Sicht kann man sagen: Brubeck hatte Recht. Und darüber hinaus kennen wir heute einen Monty Alexander, der sich längst über das Swing Idiom hinaus im Calypso, Ska, Reggae, Modern Jazz, Funk und anderen Genres ähnlich virtuos und überzeugend äußert.

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