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Foto: www.quatuorrenoir.com
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Melancholische Meisterwerke: Streichquartette von Nikolai Miaskowsky mit dem Renoir Quartett

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Eigenartigerweise gehört Nikolai Miaskowsky (1881–1950) noch immer zu den großen unbekannten der russischen Musikgeschichte. Dabei hat er nicht nur ein beträchtliches Œuvre hinterlassen, sondern auch als Lehrer am Moskauer Konservatorium eine ganze Komponistengeneration ausgebildet. Das aus Frankreich stammende Renoir Quartett hat nun zwei seiner Streichquartette eingespielt – eine Entdeckungsreise in dunkle Gefilde.

Neben etwa 120 Liedern ist sein Werkverzeichnis ganz von Instrumentalmusik bestimmt. Mit nicht weniger als 27 (!) Sinfonien, 13 Streichquartetten und 9 Klaviersonaten erscheint es geradezu exorbitant – und gleichzeitig etwas verdächtig. Doch die Zahlen trügen (wie so oft im Leben). Denn Miaskowsky, der nach einer abgebrochenen Offizierslaufbahn bei Gliere, Liadow und Rimsky-Korssakoff in St. Petersburg in die Lehre ging, entwickelte einen eigenen Tonfall – zwar ohne beißende Doppelbödigkeit oder oberflächlich-freche Attitüde, aber mit ungemein melancholischem Innenleben.

Manche Abschnitte klingen dabei im ersten Moment nach romantischer Rückschau und atmen den betörend schweren Duft eines französischen Parfums. Doch das etwas genauere Hinhören lohnt, denn hinter der Fassade steckt mehr. Dies gilt besonders für das 1949 entstandene, extrem in sich zurückgezogene, gar nicht revolutionäre, sondern auf feinste Farbnuancen und strukturellen Ausgleich bedachte, fast schon klassizistische 13. Streichquartett – ohnehin das letzte Werk eines zuvor mit staatlichen Ehrungen bedachten, dann aber zum „Formalisten“ degradierten Komponisten. Doch auch in den retrospektiven Klängen findet sich der für Miaskowsky charakteristische Tonfall, der sich avanciert gibt, aber nie die Grenze zur Atonalität überschreitet. Dies gilt noch mehr für das 1930 als op. 33/1 erschienene Streichquartett Nr. 1 (chronologisch eigentlich das dritte), das nur schwer in irgendeine der etablierten Schubladen passt – was als Qualitätsmerkmal gelten darf.

Nach einer schon in den 1980er Jahren erschienenen Gesamtaufnahme des Taneyev Quartets (erhältlich beim Label Northern Flowers) bietet die Einspielung durch das Renoir Quartet eine klanglich wie interpretatorisch auf allerhöchstem Niveau stehende Alternative. Es spielt die Partituren schlichtweg als das was sie sind: Meisterwerke eines aus dem Blickfeld geratenen Komponisten.

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