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Das Casal Quartett. Foto: Serban Mestecaneanu, www.meste.ro
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Ohne Reißbrett: das Casal Quartett mit Larsson und Kaminski in München

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Mehr noch als ihre vielen Geschwister ist die Musik eine Kunst, die direkt an unsere innersten Gefühle appelliert. Vielleicht ist es ja gerade deshalb oft so schwer dafür die richtigen Worte zu finden oder gar objektiv über sie zu diskutieren. Gerade bei der zeitgenössischen Musik, die nicht immer sofort ins Ohr geht, scheint jedoch nach wie vor eine offensive Taktik gefragt um dem Publikum seine Berührungsängste zu nehmen und Neues zu erklären. Die Bayerische Akademie der schönen Künste praktiziert dies unter anderem mit ihrer Reihe „Kammermusik im Dialog“, zu der sich jetzt Hakan Larsson in der Münchner Residenz den Fragen von Moderator Christoph Schlüren stellte.

Seine Arbeit in ihrer Gesamtheit zu erklären fiel aber auch dem zurückhaltenden Schweden, der über den Jazz zur klassischen Musik fand, sichtlich nicht ganz leicht. Denn auch für Larsson ist es letztendlich „nicht die Sprache, die entscheidet, sondern die Seele eines Stückes“. Und die lässt sich seinen Streichquartett Nr. 4 mit dem vielsagenden Untertitel „Wie einst, so nun“ nicht absprechen. Keine nüchtern am Reißbrett konstruierte Musik, sondern eine, die trotz aller Schroffheit und Härte den Hörer bewegt und in ihren Bann schlagen kann. „Es ist in Stück, das man während der Proben erst lieben lernen muss.“ Wie die Musiker des Casal Quartetts in Gespräch ehrlich zugeben. Doch auch wenn die Annäherung ein wenig gedauert haben mag, die Uraufführung an diesem Abend hätte sich keine besseren Taufpaten wünschen können.

Im Zentrum stand hier jedoch nicht nur den Dialog von Komponist und Künstlern mit dem Publikum, sondern ebenfalls ein Dialog mit der jüngeren musikalischen Vergangenheit, die hier durch den Orff-Lehrer Heinrich Kaminski, den Widmungsträger von Larssons Komposition, repräsentiert wurde. Dessen Werke fristen seit Kriegsende ihr Dasein hauptsächlich in den Notenarchiven, wo sie auf eine baldige Renaissance warten. Und auch wenn Kaminskis Harmonien beim Zuhörer im ersten Moment schneller auf ein offenes Ohr stoßen, den Interpreten macht er es mit seinem knapp einstündigen Streichquintett keineswegs einfach. Einem komplexen Werk, das die Interpreten an die Grenzen des Machbaren führt und später nicht ohne Grund für Streichorchester adaptiert wurde.

Als kleinen Vorgeschmack auf die komplette Aufführung am folgenden Abend beschränkte man sich hier zunächst auf eine Aufführung des gewichtigen Finalsatzes, der sich ohne Zweifel in die Tradition von Kaminskis Idolen wie Bach oder Beethoven sehen lässt, dessen „Große Fuge“ einem fast zwangsläufig in den Sinn kommen muss. Und auch bei diesem Werk stellte sich das Casal Quartett, das hier von Razvan Popovici an der zweiten Bratsche verstärkt wurde, tapfer der Herausforderung und brillierte mit bestens aufeinander abgestimmten Teamspiel.

So engagiert aufgeführt, dürfte man diesem fast vergessenen Komponisten gern öfter begegnen, der neben Kammermusik und Chorwerken ebenfalls eine Reihe von Klavierstücken im Angebot hat, auf die bei dieser Gelegenheit die Pianistin Ottavia Maria Maceratini mit unsentimentalem und fein gegliedertem Vortrag neugierig machte.

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