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Schlager-Seeligkeit II – und Fernsehkritik à la Heidenreich

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Da will ich unbedeutende Zeitungskritikerin mich aber doch mal in das allgemeine Lamentieren über den Zustand des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einbringen, das Reich-Ranicki und Heidenreich angefackelt haben. Was da nämlich zurzeit jeden Sonntag um 11.00 Uhr im ZDF läuft, ist alles andere als „Kult am Sonntag“.

Am 19. Oktober zum Beispiel ging es um „starke Frauen“ – Nena & Co: eine Society-Expertin namens Sibylle Weischenberg saß da auf einem Sofa neben den Noch-, Ehemals- oder Wieder-Schlagerstars und -sternchen Jasmin Wagner (ehemals Blümchen), Mary Roos, Isabell Varell und einem bemühten Moderator namens Ingo Nommsen, der so intelligente Fragen stellt wie „Was ist denn nun eigentlich eine Diva“? Dazu wurden per Videoeinspielung Lieder amerikanischer Stars und ehemaliger deutscher Schlagerstars eingespielt und abwechselnd dämlich kommentiert. Gähn. Das einzig Interessante war ein Video von Mary Roos, die ihre eigene deutsche Fernsehversion von „I Did It My Way“ mit der Bemerkung „Damals haben wir im Fernsehen noch live“ gesungen zum Nachdenken brachte… Dann durften alle noch - natürlich nicht live – singen, außer der Society-Expertin selbstverständlich. Sehr peinlich Isabel Varell, die ja gute Beine hat, aber doch schon 47 Lenzen auf dem Buckel, im Mini-Kleidchen mit ihrem neuen Hit „Ich bin die Königin der Nacht“, das war’s dann auch schon. Echt kultig, oder?

Mich hat danach nur interessiert, was wurde aus den anderen? Gut, von Nena weiß man, dass sie immer mit erstaunlich jugendlichem Look wieder aufersteht, nur mehr Rohes isst und ihr Auskommen wahrscheinlich gesichert ist. Ein paar andere treten wiederum in Shows auf, die ich mir nur unter Gewaltanwendung ansehen würde: Carmen Nebel, Musikantenstadel, Musikgarten etc. Aber was wurde zum Beispiel aus Lena Valaitis, die in den 1981 mit dem traurigen Hit „Johnny Blue“ alle Herzen europaweit rührte? Auf Wikipedia ist zu lesen, dass sie sich 1993 aus dem Show-Geschäft zurückgezogen hat, 2002 ihr Comeback mit einem Lied namens „Was kann ich denn dafür?“ zusammen mit Hansi Hinterseer (brrrrrhhh) feierte. Zurzeit tourt sie durch Fernsehgärten und andere Shows – den Pony schön gescheitelt wie vor 25 Jahren. Dass Conny Froboess sich zur ernsthaften Theaterschauspielerin gemausert hat, weiß man, Ivo Robic ist leider bereits verstorben, aber Connie Francis, die damals mit dem Ohrwurm „Schöner fremder Mann“ punktete? – Sie verlor einen Bruder durch ein Gewaltverbrechen, konnte erst durch mehrere Operationen ihre zeitweise verlorene Stimme wieder erlangen, wurde manisch depressiv, mehrere Comeback-Versuche scheiterten. Seit 1989 ist sie wieder aktiv im Musikgeschäft, gibt Live-Konzerte und war sogar in Las Vegas engagiert. Das wären doch auch einmal Geschichten, die in eine solche Sendung gehörten…

 

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