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An allem sind die Juden schuld

Untertitel
CD-und DVD-Edition „Totentanz – Kabarett im KZ“
Publikationsdatum
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„Verehrt, verfolgt, vergessen“, das war das Schicksal all jener Bühnen- und Filmkünstler gewesen, die keinen „Arier-Nachweis“ erbringen konnten. Und unter diesem Titel erinnerte 1992 Ulrich Liebe auch in seiner „labour of love“ an diese „Schauspieler als Naziopfer“, zu einer Zeit also, als dieses Thema durchaus nicht en vogue war. Liebe hat damit Pionierarbeit geleistet, und vielleicht so etwas wie „Wiedergutmachung“ versucht. Die freilich, die sich schon ein Leben lang mit Kabarettgeschichte beschäftigt haben, wussten von diesen jüdischen Schicksalen, die so oft im KZ endeten. Der Tod, er klang (mit diesem Wissen) immer mit in den Couplets und Schlagern von Willy Rosen oder Kurt Gerron. Daran hatte Volker Kühn bereits 1990 in seiner TV-Dokumentation „Totentanz – Kabarett hinter Stacheldraht“ erinnert, die nun hier endlich als DVD vorliegt.

„Verehrt, verfolgt, vergessen“, das war das Schicksal all jener Bühnen- und Filmkünstler gewesen, die keinen „Arier-Nachweis“ erbringen konnten. Und unter diesem Titel erinnerte 1992 Ulrich Liebe auch in seiner „labour of love“ an diese „Schauspieler als Naziopfer“, zu einer Zeit also, als dieses Thema durchaus nicht en vogue war. Liebe hat damit Pionierarbeit geleistet, und vielleicht so etwas wie „Wiedergutmachung“ versucht. Die freilich, die sich schon ein Leben lang mit Kabarettgeschichte beschäftigt haben, wussten von diesen jüdischen Schicksalen, die so oft im KZ endeten. Der Tod, er klang (mit diesem Wissen) immer mit in den Couplets und Schlagern von Willy Rosen oder Kurt Gerron. Daran hatte Volker Kühn bereits 1990 in seiner TV-Dokumentation „Totentanz – Kabarett hinter Stacheldraht“ erinnert, die nun hier endlich als DVD vorliegt.An allem sind die Juden schuld“, hatte Friedrich Hollaender bereits vor 1933 gedichtet. Ein Stimmungsbild aus den frühen Dreißigern, das merkwürdigerweise heute „brutalstmöglich“ wieder aktuell geworden ist. Bis vor kurzem konnte man nur vermuten, dass davon eine zeitgenössische Aufnahme existiert. 1999 schließlich wurde die Vermutung Gewissheit: Annemarie Hase hatte das Lied für die Elect-rola aufgenommen. Freilich blieb die Aufnahme unveröffentlicht. Wolfgang M. Schwiedrzik hatte die Testpressung entdeckt, und sie in seiner „Edition Mnemosyne“ auf einer wunderbaren Annemarie Hase-CD („Das Zersägen einer lebenden Dame“) erstveröffentlicht. Und damit einen wichtigen Beitrag geliefert zur Aufarbeitung der deutschen Kabarettgeschichte.

Erschienen ist die Hase-CD, wie auch eine Fritz-Kortner-Produktion („König Lear“), in Schwiedrziks Reihe „Vertriebene deutsch/jüdische Schauspieler“. „Totentanz – Kabarett im KZ“ heißt nun sein neuestes CD/DVD-Projekt, das er zusammen mit dem Kabarettforscher Volker Kühn realisiert hat. Unter dem Titel „Die Welt ist eng geworden“ hat Kühn als Ergänzung zu seiner TV-Dokumentation (auf DVD) eine gespenstische CD mit Chansons, Conferencen, Texten und Liedern vergessener oder vergaster Künstler zusammengestellt: Fritz Grünbaum, Willy Rosen, Paul Morgan, Kurt Gerron, Franz Engel, Otto Walburg, Max Ehrlich und Joseph Schmidt. Das Lachen bleibt einem bei diesen Nummern im Hals stecken, und man denkt an einen Film über „Kurt Gerrons Karussell“ zurück.

Arbeit und Leben waren bei Kurt Gerron bis zuletzt eins gewesen, auch noch im Durchgangslager Westerbork, in seinem „Karussell“. Wenigstens für Augenblicke vermittelten dort Max Ehrlich, Willy Rosen und Kurt Gerron den Lagerinsassen die Illusion, in den Kabaretts der Friedrichstraße oder des Ku’damms zu sitzen, um anschließend gemütlich nach Hause zu schlendern. Eine Illusion für die Opfer. Und ein Albtraum für die Überlebenden. „Und den träumst du immer und immer wieder“, sagt Jetty Cantor, „Und das Schlimmste daran ist: Du wachst auf, schweißgebadet, und weißt: das ist gar kein Traum. Nein, genau so war es.“

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