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An der Allemande scheiden sich die Geister

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Neue Flöten-Editionen von Bach bis Goehr
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Adrian Connell: Monody for a lost Faun for Flute alone (1985). Edition Dohr +++ C.Ph.E. Bach: Sonate a-Moll Wq 132 für Flöte solo. Wiener Urtext Edition - Urtext, G. Henle Verlag +++ J.S. Bach: Partita für Flöte solo (BWV 1013). Wiener Urtext Edition +++ Franz Xaver Mozart: Rondo e-Moll für Flöte und Klavier (Urtext). G. Henle Verlag +++ Alexander Goehr: Ariel, sing for solo Alto Flute in G. Schott

Adrian Connell: Monody for a lost Faun for Flute alone (1985). Edition Dohr E.D.88801

Im Vorwort gibt der britische Komponist eine kleine Einführung zu seinem Solostück: Es ist eines seiner „Frühwerke“, eine Studienarbeit für ein Soloinstrument. Die Inspirationsquelle war Debussy und sein Orchesterwerk „L’après-midi d’un faune“. Conell verwendet als prägnantes Tonmaterial chromatische Schritte sowie das Intervall der übermäßigen Quarte. Aus dem Themenmaterial der ersten zwei Takte entwickelt sich in immer neuen Wendungen das gesamte Stück. Durchweg im fließenden 12/8-Takt bewegt sich die Melodie abschnittsweise über drei Oktaven. Besonders eindrücklich vermittelt die Chromatik die Trauer und Verlorenheit des Protagonisten. Der programmatische Titel des zweiseitigen, vierminütigen Stücks ist interpretatorisch gut zu erfassen. Außerdem ist das Werk perfekt, um Chromatik und Klangfarben in allen Regis-tern zu trainieren.

C.Ph.E. Bach: Sonate a-Moll Wq 132 für Flöte solo. Wiener Urtext Edition ISMN 979-0-50057-346-3; Urtext, G. Henle Verlag Nr 555, ISMN 979-0-2018-0555-9

Etwa zeitgleich erfolgten von zwei namhaften Verlagen Neuausgaben der vorliegenden Solosonate. Der gedruckte Notentext der Erstausgabe, der allen bisherigen Ausgaben zu Grunde lag, wurde als Faksimile in der Henle-Ausgabe abgedruckt, was für den Interpreten hochinteressant ist. In beiden Ausgaben ist ein ausführliches Vorwort vorangestellt, ergänzend dazu Hinweise zur Interpretation und barocken Spielpraxis von Karl Kaiser (Henle) und Susanne Schrage (Schott/UE). Vielleicht sollte sich der zukünftige Interpret gerade diese Hinweise durchlesen, um für sich eine Entscheidung zu treffen: Brauche ich den Schwerpunkt für die Traversflöte (Kaiser) oder allgemeinere Ausführungen, die auch auf die Böhmflöte übertragbar sind (Schrage)? Der Druck des Notentextes ist unwesentlich verschieden. So liegt es am Käufer zu entscheiden, ob er der einen oder anderen Ausgabe den Vorzug gibt. Beide Ausgaben sind gleichermaßen sorgfältig erstellt und zu empfehlen.

J.S. Bach: Partita für Flöte solo (BWV 1013). Wiener Urtext Edition UT 50283, ISMN 979-0-50057-345-6

Eines der wichtigsten Solowerke der Flötisten erfährt eine begrüßenswerte Neuausgabe. Während der Notentext nur unwesentliche Abweichungen erfährt, so punktet die Ausgabe mit einem ausführlichen interessanten Vorwort der Herausgeberin Dagmar Glüxam, in dem Entstehungszeit und Stil der Komposition beleuchtet werden. Für die spielerische Ausführung gibt Susanne Schrage „Hinweise zur Interpretation“: Satzcharaktere, Artikulation, Atmung, Vibrato und Verzierungen. Besonders an dem ersten Satz „Allemande“ scheiden sich vielfach die Geister, so dass es sich lohnt, sich anhand der hier vorgestellten Überlegungen erneut mit dem Notentext auseinanderzusetzen. Kennzeichen für die Internationalität des Verlages: Die Texte sind auf deutsch, englisch und französisch verfasst.

Franz Xaver Mozart: Rondo e-Moll für Flöte und Klavier (Urtext). G. Henle Verlag 1180, ISMN 079-0-2018-1180-2

F.X. Mozart ist einer der beiden Söhne W.A. Mozarts. Er versuchte, sich ebenfalls als Musiker zu profilieren, was ihm nur teilweise gelang, da er zwar ein guter Musiker war, aber nicht das Genie des Vaters geerbt hatte. So stand er zeitlebens in dessen Schatten. Unter die wenigen Kammermusikwerke fällt der erste Satz einer Flötensonate in e-Moll, ein Auftragswerk, das nicht zu Ende ausgeführt wurde. Der Titel „Rondo“ stammt nicht von Mozart selbst und ist irreführend. Denn nach einer Einleitung von vier Takten folgt der Satz in ordentlicher Sonatenhauptsatzform. Im Gegensatz zu den Sonaten der Klassik, in denen zumeist das Klavier den stärkeren Part zugewiesen bekommen hat, sind hier beide Instrumente wunderbar gleichwertig bedacht, miteinander verwoben und korrespondierend. Trotz der klassischen Form ist das Klangbild in die romantische Richtung weisend. Der Klavierpart ist stellenweise sehr anspruchsvoll.

Der Herausgeber Karsten Nottelmann hat sich streng an die Manuskriptvorlage gehalten und macht keine Vorschläge zu Artikulationen in der Flöte wie in der Ausgabe des Heinrichshofen’s Verlags. Das Schriftbild ist großzügig. Den Pianisten werden Fingersätze von Rolf Koenen angeboten. Das Vorwort ist im Vergleich zur älteren Ausgabe etwas ausführlicher.

Alexander Goehr: Ariel, sing for solo Alto Flute in G. Schott ED 13308

Der britische Komponist Alexander Goehr, geboren 1932, ist musikalisch tief in der Moderne verwurzelt. Großen Einfluss hatten auf ihn Persönlichkeiten wie Arnold Schönberg, Olivier Messiaen und Pierre Boulez. Das Solostück für Altflöte ist 2003 entstanden und im privaten Kreis uraufgeführt worden. Dem musikalischen Duktus merkt man die kompositorische Ausrichtung an. Die zunächst sperrigen Melodien muss sich der Spieler zu eigen machen, das heißt sie „fallen“ nicht ins Ohr. Der Gesang Ariels, dem „Feuerherd Gottes“ (hebräisch) oder dem Luftgeist, wird Klang verliehen durch den hauchigen Ton der Altflöte. Das zweiseitige, kurze Werk ist normal und genau in Phrasierungen und Dynamik notiert. Die Metronomangaben sind hilfreich. Schade, dass ein Vorwort zu Komponist und seinem Werk fehlt, da Alexander Goehr für Flötisten eher unbekannt ist. Umso erfreulicher, dass es ein weiteres originäres Solostück für dieses Instrument gibt.

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