Hauptrubrik
Banner Full-Size

Annäherungen an das Licht

Untertitel
Neue Musik auf neuen CDs, vorgestellt von Max Nyffeler
Publikationsdatum
Body

Neue Musik von und mit Marcus Antonius Wesselmann, Tosija Suzuki, Mike Svoboda, Nieuw Ensemble, Arditti Quartett, Joji Yuasa, Hiroyuki Itoh, Luís Antunes Pena, Emanuel Nunes, Kaija Saariaho, Jonathan Harvey, Moritz Eggert, Tõnu Kõrvits, Kölner Ensemble Musikfabrik und Enno Poppe.

Weiche Farbmischungen mit verwischten Konturen bilden einen schwankenden Klangstrom, der sich wie eine Phantasmagorie durch den Raum bewegt, permanente Vierteltönigkeit sorgt zusätzlich für Instabilität. Die Werke, die Hiroyuki Itoh zwischen 1994 und 2005 geschrieben hat, sind von milder Expressivität. Itoh, der bei Joji Yuasa und Brian Ferneyhough in San Diego studierte, kann sich auf exzellente Interpreten verlassen, darunter das Arditti Quartett, das Nieuw Ensemble sowie als Solisten Mike Svoboda und der phänomenale  japanische Blockflötenvirtuose Tosija Suzuki. Die fein zerfaserte Linie des Flötensolos gibt das Modell für die Klangfäden ab, aus denen Itoh in den Ensemblestücken seine Klangströme flicht. Vorsicht: Beim konzentrierten Hören können sich leichte Schwindelgefühle einstellen. (musicscape.net)

In den Stücken des 43-jährigen Portugiesen Luís Antunes Pena ist immer etwas los, und deshalb wird es auch nie langweilig. Die Klänge und Geräusche purzeln und stolpern auf kleinstem Raum übereinander, manchmal ist kaum zu unterscheiden, was instrumental und was elektronisch generiert ist. Wuselige Klavierläufe, Steinegeklapper, Kratzgeräusche, eine knarzende Bassklarinette und eine Frauenstimme, deren zerhackte Silbenlaute wie Flöhe im Klangraum herumhüpfen, nicht zu vergessen das penetrante Pööp-Pööp eines Summers und das Dauerrauschen an der Hörgrenze: In diesem Klangzoo wird Vielen etwas geboten. Das alles ist sehr gekonnt montiert und mit Lust und Präzision elektronisch verarbeitet. (Wergo)

Unter dem Titel „Scherben“ hat das Kölner Ensemble Musikfabrik vier bemerkenswerte Werke von vier Komponisten eingespielt. Das titelgebende Ensemblestück von Enno Poppe, in dem Kleinpartikel zur kompakten Großform synthetisiert werden, ist eine reine Materialkomposition. Die anderen drei Werke kreisen alle um die Vorstellung von Transzendenz. Die farbintensive „Sringāra Chaconne“ von Jonathan Harvey bezieht sich auf einen der neun Grundaffekte der indischen Kunsttheorie. „Notes on the Light“, ein ausgewachsenes Cellokonzert von Kaija Saariaho, stellt, ausgehend von einem Gedicht von T.S. Eliot, eine Annäherung in fünf Sätzen an das Phänomen des Lichts dar, und in „Chessed I“ für vier mal vier Instrumente, basierend auf der Kabbala, entfaltet Emanuel Nunes ein Stimmengeflecht von leuchtender Intensität. (Wergo)

Die ruhige Weite und das milde Licht nördlicher Landschaften finden in den atmosphärisch dichten Kompositionen des 1969 geborenen Esten Tõnu Kõrvits ihren Widerhall. Eine reduzierte, aber eindringliche Gestik prägt seine sieben „Labyrinthe“ für Streichorchester, und wenn bei den Stücken, die auf Vorlagen des älteren Kollegen Veljo Tormis basieren, die menschliche Stimme hinzutritt, erhält die Musik etwas Magisches. Stark im Ausdruck ist das einfache Unisono der Männerstimmen in einem Chorlied über Liebe und Tod. Die einfühlsamen Interpreten sind die Cellistin Anja Lechner, die Sängerin Kadri Voorand,  der Estnische Philharmonische Kammerchor und das Kammerorchester Tallinn unter der Leitung von Tõnu Kaljuste. (ECM)

Mit zupackender Geste bringt Moritz Eggert die Klavierstücke von Marcus Antonius Wesselmann zum Klingen. Rhythmisch markante Unisoni und Akkordketten, die sich assoziativ ihren Weg suchen, und repetitive, hart aneinander geschnittene Klangfiguren bilden das Material der lapidar mit „Solo“ bezeichneten Klaviermonologe. Die nervöse Binnenspannung sorgt für permanente Energieschübe und hält die Aufmerksamkeit auch über lange Strecken wach. (Neos) 

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!