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Die Tonnen von Mihla. Foto: Hufner
Die Tonnen von Mihla. Foto: Hufner
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Frischfleisch

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Cluster 2015/07 - Gordon Kampe
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Der 35ste Geburtstag liegt längst hinter mir. Damit ist es für viele Wettbewerbe und Stipendien zu spät, hurra! Ist auch albern, diese Grufti-Förderung. Turbo-Abi, kein Zivildienst, bisschen Bachelor und Internet, einmal Ferienkurs: Wer sich mit 26 oder 27 noch nicht auf dem Markt platziert hat, der ist halt nicht pfiffig genug.

Pech für die 36-jährige Komponistin mit den beiden Karriereretardierern (vulgo Kinder), die auf zweitem Bildungsweg (Eltern waren leider keine Professoren oder Lehrer) mit dem Komponieren  angefangen hat. Was fällt ihr das auch erst jetzt ein?

Angenommen, ein Wettbewerb soll ein Mechanismus sein um Künstler zu fördern, die noch im Verborgenen wirken. Was soll da diese Frischfleischgier? Gibt es keine pfiffigeren Ausschlussmöglichkeiten? Teilnehmen dürfen etwa keine Beamten, keine ordentlichen GEMA-Mitglieder und nur Komponisten ohne facebook-Account. Oder man bekommt pro Kind zwei Jahre nach der Altersdeadline gutgeschrieben.

Aber warum nur diese unkünstlerische Hektik? Überhaupt. So von wegen Familie, da komme ich ja gerne mal in Fahrt: Wie bitte soll die (übrigens ganz sicher nicht fiktive!) viel zu alte Komponistin ohne Kinderbetreuung auf Festivals eigentlich ihre Projekte verkaufen? „Halt mal kurz den Kleinen, lieber Juror. Ne, das ist keine graphische Notation, das ist Möhrchen, von gestern.“ Avantgarde ist nun mal kein Ponyhof, hör ich es flüstern. Abwarten Jungs, bis der Storch bei Euch vorbeidüst, flüs­tere ich zurück.

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