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Game-Komponisten, iPod-Hörer und Self-Made-Stars im Web 2.0

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Das 24. Symposium des Dachverbands der Studierenden der Musikwissenschaft
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Der Einfluss medialer Veränderungen in Geschichte und Gegenwart auf die Rezeption von Musik stand im Mittelpunkt des 24. Internationalen Studentischen Symposiums, das der Dachverband der Studierenden der Musikwissenschaft e.V. (DVSM) am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Paderborn und der Hochschule für Musik Detmold veranstaltete. Organisiert wurde die Tagung von einem Team aus Studierenden unter der Leitung von Marleen Hoffmann (Detmold/Paderborn).

Susanne Binas-Preisendörfer (Oldenburg) stellte in ihrem Einführungsvortrag über „Medialität“ als Herausforderung für die heutige Musikwissenschaft die Allgegenwart der Medien heraus: Ein Außerhalb von Medien gebe es nicht mehr. Dabei hinterfragte sie die polare Frontstellung zwischen Aufführung und Aufnahme, Konzert und Tonträger, Körper und Technik und Performativität und Medien/Medialität.

Gegenstand der Sektionen 1 bis 3 war die musikgeschichtliche Entwicklung von Medien. Während sich Nils Grosch (Freiburg/Hannover) und Stefanie Rauch (Detmold/Paderborn) mit den Einflüssen medialer Veränderungen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert befassten, thematisierten Florian Mayer und Elisabeth Treydte (Frankfurt am Main) und Joachim Iffland (Det­mold/Paderborn) die Auswirkungen der Erfindung des Grammophons zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die Medientechnik der Comedian Harmonists. Yvonne Stingel-Voigt (Berlin) und Andreas Heye (Paderborn) gingen auf aktuelle musikalische Rezeptionsformen ein. Die Referentin rückte die Bedeutung von Musik im Computerspiel ins Blickfeld ihrer Betrachtung. Anhand gut ausgewählter Computerspiele veranschaulichte sie die wechselseitige Einflussnahme von Musik und Spieler und erläuterte die Wirkungen von Gamemusik, zu denen auch das Erzeugen von Spannung und das Warnen vor bevorstehenden Gefahren zählen.

Andreas Heye stellte seine in England durchgeführte empirische Untersuchung zur mobilen Musikrezeption vor: In seinem Vortrag beleuchtete er die Funktionen des iPod-Hörens als Wegbegleiter im Alltag, wozu etwa das Kreieren einer Privatsphäre durch Musik in der Öffentlichkeit (auditory bubble), die Stimmungsregulation oder die Zeitüberbrückung gehören. Am zweiten Symposiumstag konzentrierten sich die Referenten auf den Zusammenhang zwischen Medien und Gesellschaft, Gemeinschaft und Individuum. Yuyuan Liu (Shandong/China) und Christofer Jost/Seraina Gratwohl (Basel) zeigten auf, wie Medien in China und Brasilien zur Verbreitung von Musik genutzt werden. Mario Anastasiadis (Bonn) und Shelina Brown (Los Angeles) gingen der Frage nach, wie Fans Internet und Printmedien nutzen und welche Wechselwirkung dadurch mit der Musikindustrie entstehen.

Sarah Schauberger (Detmold/Paderborn) demonstrierte überzeugend am Beispiel von E-Gitarristinnen, inwiefern YouTube als Medium der Emanzipation bezeichnet werden kann. Björn Dornbusch (Bayreuth) rückte die Möglichkeiten der musikalischen Selbstinszenierung der „Self-Made-Stars“ im Web 2.0 in den Mittelpunkt. Am Beispiel der englischen Komponistin Ethel Smyth und der BBC konnte Marleen Hoffmann zeigen, welche unterschiedlichen Möglichkeiten sich mit der Entwicklung des Rundfunks für Komponisten ergaben. In der letzten Sektion widmeten sich Astrid Dröse (München), Katrin Haase (Leipzig) und Alexander Forstner (Graz) den Auswirkungen und Anforderungen, die neue Medien auf die Vermarktung von Musik haben.

In der abschließenden Podiumsdiskussion setzten sich Journalistin Sonja Eismann (Berlin), der Kommunikationswissenschaftler Christoph Jacke (Paderborn) und Musiklabel-Inhaber Manfred Schütz (Hannover) mit den Chancen und Risiken der sozialen Interaktion in der Rezeption, Distribution und Produktion von Musik durch den heutigen medialen Umbruch auseinander.

Das sehr professionell organisierte Symposium erwies sich auch durch das (musikalische) Rahmenprogramm als sehr abwechslungsreich. Den Auftakt machte die Paderborner Autorengruppe „Kommando Elektrolyrik“, die Literaturperformance mit elektronischer Live-Musik kombinierte und mit ungewöhnlichen Verbindungen zwischen gesellschaftskritischen Texten und tanzbaren, teils atmosphärischen Elektro-Beats faszinierte. Weiter spielten Detmolder Musikstudenten das Auftragswerk „Bilder vom Land des Feuers“ für Streichquartett und Tonband (UA) der aserbaidschanischen Komponistin Khadija Zeynalova. Im Anschluss vereinten der Pianist Eckhard Wiemann und der DJ Timo Buczka Zitate aus Chopins Klavierkompositionen mit loop-orientierten Beats der Technomusik. Es traten weiterhin das Kölner Duo „Urlaub in Polen“ und die DJs „Balkanossa & Sir Skankalot“ im Paderborner Cube auf. Darüber hinaus fanden Workshops in Kooperation mit dem Erich-Thienhaus-Institut, Edirom und Radical Audio Pool statt.

Das 25. DVSM-Symposium wird vom 12. bis 15. Januar 2012 in Graz zum Thema „Musikwissenschaftliche Methodologie – vom Weg zum Ziel“ stattfinden.

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