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Neue Sounds beim JJO NRW

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Wolfgang Breuer und Wolf Escher verabschieden sich
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„ Schön war’s“, resümiert Wolf Escher. Er und Wolfgang Breuer denken gern an ihre 31 Jahre mit dem JugendJazz-Orchester (JJO) NRW, gehörten sie doch seit der Gründung vor 31 Jahren zum Leitungsteam, zunächst gemeinsam mit Rainer „Glen“ Buschmann und Meinhard Puhl, später mit Michael Villmow. Ein Jugendorchester ist für seine künstlerischen Leiter immer ein Abenteuer und eine sowohl künstlerische als auch pädagogische Herausforderung.

Das JJO NRW entpuppte sich als Förderprojekt mit weit reichenden Folgen, denn andere Bundesländer zogen nach und gründeten ebenfalls Jugendjazzorchester. Mit der Gründung des „Bujazzo“ (Bundesjugendjazzorchester) 1988 und der Jugendbands in den neuen Ländern nach 1990 schien dieser Emanzipationsprozess des früheren Kellerkindes im Musikleben der Bundesrepublik Deutschland formal abgeschlossen, denn nun gab es ein System wie in der Nachwuchsförderung der klassischen Musik. Eschers und Breuers Bilanz ist imponierend: Circa 500 junge Musikerinnen und Musiker machten wesentliche Berufserfahrungen in den Arbeitsphasen und auf den Konzertreisen des JJO. Viele von ihnen wurden professio
nelle Jazzmusiker, sie bilden den Stamm der reichen Jazzszene in NRW. Manche machten (inter)nationale Karrieren, wurden selbst Dozenten an Musikschulen und -hochschulen oder qualifizierten sich für professionelle Big Bands wie die grammy-dekorierte WDR Big Band oder die NDR Bigband.

Die Mitglieder des Leitungsteams prägen die Proben und Konzerte. Sie schreiben eigene Arrangements und Kompositionen speziell für ihre Band und fördern damit das künstlerische Wachstum der jungen Musiker und Musikerinnen, indem sie ihnen die Chance bieten, ihre individuellen Stärken zu entfalten. Viele dieser Stücke wurden Solisten oder Satzgruppen auf den Leib geschrieben und waren damit auch Ergebnisse der Arbeitsphasen, weil Escher und Breuer hier die jungen Talente kennen und schätzen lernten. Natürlich blühte dort keine autoritäre Pädagogik, denn Anregungen zu den Arrangements – oder Einwände – waren ein notwendiger Teil der gemeinsamen Arbeit. Genauso wie Arrangements aus dem Ensemble oder von stilprägenden Komponisten wie Jim McNeely, Sal Nestico oder Bill Dobbins. Man igelte sich nicht ein, denn Breuer und Escher wollten keinen künstlerischen Egotrip oktroyieren oder ein provinzielles Reservat pflegen, denn so etwas würde der freigeistigen Haltung des Jazz widersprechen und die umfassende Kollegialität aller Beteiligten sabotieren.

Zweimal im Jahr trifft sich das Orchester zu Arbeitsphasen, die natürlich etwas anderes sind als eine Klassenfahrt oder ein Aufenthalt im Schullandheim. Die intensive Arbeit in den Tagen und Nächten schafft eine besondere Atmosphäre, eine offene und nachhaltige Begegnung unter jungen Kollegen, in der neue Bands entstehen, in der man Einfälle sofort ausprobieren kann. Man muss nur ein paar andere dafür gewinnen. Solche spontanen Sessions gehören zum Leben von Jazzmusikern, eine unbedingt notwendige Chance, sich auszuprobieren und künstlerisch zu wachsen. Die lebendigen LPs und CDs des Orchesters dokumentieren die Ergebnisse dieser Arbeit.

Seit seiner Gründung ist das JJO auch ein Repräsentant des Landes NRW. 26 Konzertreisen führten es durch alle fünf Kontinente, verbunden mit Workshops bei ihren Gastgebern. Also waren die Chefs nicht nur Dirigenten, sondern auch Reiseleiter, Vermittler und Diplomaten – Rollen, die Escher und Breuer als Herausforderung und nicht als Belastung akzeptiert haben. Der Landesmusikrat hat sie immer unterstützt, auch das Kultus- und Kulturministerium bzw. die Staatskanzlei NRW sowie das Goethe-Institut.

Auch für Kontinuität haben Escher und Breuer gesorgt. Ein Trio wechselt jetzt ins Leitungsteam: Frank Reinshagen, Marko Lackner und Dietmar Mensinger, unterstützt von Michael Villmow. Sie sind profilierte Komponisten und erfahrene Bandleader, die sich längst gute Namen in der Big-Band-Szene gemacht haben.

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