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Freude am Lernen, Lust an Leistung: die Düsseldorfer SingPause. Foto: privat
Freude am Lernen, Lust an Leistung: die Düsseldorfer SingPause. Foto: privat
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Quantitativ und qualitativ ein Erfolgsmodell

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Das Konzept der Düsseldorfer SingPause überzeugt
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Es läuft der zehnte Jahrgang und nach einer solchen Zeit lässt eine Zwischenbilanz durchaus belastbare Rückschlüsse zu. In der mittlerweile fast nicht mehr zu über- und sicher nicht zu durchblickenden Landschaft der Projekte, die in Deutschland das jahrzehntelang vernachlässigte Singen mit Kindern wiederbeleben sollen, ist die Düsseldorfer SingPause eines mit hochinteressanten Grundsätzen.

Zielgruppe sind Grundschulen und damit die Schulform, an der jedes Kind in einer besonders auch musikalisch sehr prägenden Zeit unterrichtet wird - an den teilnehmenden Schulen wird der reguläre Musikunterricht nicht ersetzt sondern ergänzt – ausnahmslos jeder Schüler kommt in den Genuss des Programmes – es ist für die Familien kostenlos, die Schulen wenden dafür lediglich einen geringen Teil der Mittel für den OGT (offener Ganztag) auf. Davon haben sich die Landeshauptstadt und die Tonhalle als Partner, einige Firmen und Stiftungen sowie Privatpersonen als Förderer überzeugen lassen.

Beeindruckende Zahlen kann man beim Musikverein Düsseldorf, der das ganze trägt und organisiert, vorweisen: Waren zu Beginn im Jahr 2006 fünf Grundschulen am Start, so sind es im laufenden Schuljahr bereits 61. Dort unterrichten mittlerweile 42 Musikerinnen und Musiker, die allesamt neben einem einschlägigen Studienabschluss eine fundierte Ausbildung in der dem System zugrunde liegenden Ward-Methode nachweisen müssen – weitere fünf sind derzeit in Ausbildung. Jährliche verpflichtende Fortbildungen sowie beratende Unterrichtsbesuche sorgen dafür, dass die Qualität des Unterrichts gleichbleibend hoch ist. Von Mai bis Juli werden 16 große Konzerte in der Tonhalle stattfinden, bei denen jeweils 800 bis 900 Kinder das Gelernte gemeinsam umsetzen und vor Publikum zeigen dürfen – wir sprechen also von sicher mehr als 13.000 Kindern und viele davon würden ohne das SingPausen-Projekt die Tonhalle sicher nie von innen und schon gar nicht als Ausführende sehen. Stand heute wird das Düsseldorfer Modell in weiteren 30 Schulen außerhalb der Stadt angeboten: in Bad Honnef (1), Düren (3), Erkrath (4), Grevenbroich (2), Kaarst (1), Jüchen (1), Karlsruhe (1), Meerbusch (7) und besonders intensiv in Wuppertal (10) hat man sich vom großen Erfolg inspirieren lassen und nutzt die Erfahrungswerte aus zehn Jahren praktischer Arbeit – weitere Anfragen laufen.

Solche Zahlen sind imposant, wichtiger aber ist die Substanz hinter der Fassade. Und hier erst zeigt sich der wahre Wert dieses Projektes. Man spricht bei den Verantwortlichen gerne von einer „musikalischen Alphabetisierung“ der Kinder und trifft damit sehr gut, dass hier weit über den sonst oft recht platt und einseitig propagierten „Spaß“ am Singen hinaus Kenntnisse und Fähigkeiten zugrunde gelegt werden, die eine musikalische und besonders vokale Sozialisation maßgeblich prägen können. Wer sich mit der Ward-Methode schon eingehender befasst hat, weiß, dass Gehörbildung, Rhythmusempfinden und darüber hinaus aber auch ein fundierter Umgang mit Notenschrift wesentliche Inhalte darstellen. Es ist höchst beeindruckend zu sehen, wie die Kinder eine solche 20-Minuten-Einheit, die aus einem kurzen stimmlichen Anwärmen sofort in den Hauptteil der durchaus anspruchsvollen Übungen wechselt und am Ende nur wenige Minuten für das Liedrepertoire verwendet, in höchster Konzentration und äußerst zielorientiert mitmachen. Da sind Freude am Lernen, Lust an Leistung und gesunder Ehrgeiz zu spüren, die allesamt so gar nichts mit Drill und Dressur zu tun haben. Es ist körperlich fühlbar, wie die Kinder an diesem Unterricht wachsen – nicht nur sängerisch und musikalisch, sondern als Persönlichkeiten.

Es sind also die eingangs erwähnten Grundsätze, die mit System und Kompetenz konsequent umgesetzt werden und die dadurch den Erfolg dieses Modells prägen. Man darf Düsseldorf wünschen, dass die Finanzierung dieser segensreichen Einrichtung nie in Frage gestellt wird, und man wünscht vielen Orten überall, dass sich engagierte Überzeugungstäter auf den Weg machen, Gleiches oder Ähnliches zu schaffen. Erwähnt werden muss bei aller Freude und Euphorie nur immer wieder: All das wären eigentlich ureigene staatliche Bildungsaufgaben, die mangels Bedeutung von außen übernommen werden.

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