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Christa Wolf las aus «Ein Tag im Jahr» in der Akademie der Künste +++ Geschwister-Scholl-Preis für britischen Historiker Roseman
Christa Wolf las aus «Ein Tag im Jahr» in der Akademie der Künste
Berlin (ddp-bln). Mit einer Lesung in der Akademie der Künste in Berlin hat Christa Wolf am Mittwochabend erstmals ihr neuestes Buch «Ein Tag im Jahr - 1960-2000» der Öffentlichkeit vorgestellt. Vor ausverkauftem Haus stellte die Schriftstellerin Auszüge aus drei von insgesamt 40 Tagebucheintragungen vor, die sie am jeweiligen 27. September notiert hatte. Ausgewählt hatte sie exemplarisch den jeweiligen Septembertag von 1962, 1985 und 1990. Aufmerksam folgte das Publikum den sehr persönlichen Einblicken in den Alltag, den Reflexionen über Zeitereignisse, Freunde und Familie von Christa Wolf.
Die Tagebuchnotizen gehen auf einen Aufruf der Moskauer Zeitung «Iswestija» von 1960 an die Schriftsteller der Welt zurück, den 27. September jenes Jahres möglichst genau zu beschreiben. Die Ursprungsidee dazu stammte von Maxim Gorki, der «Einen Tag der Welt» schon 1936 festgehalten hatte. Für Christa Wolf entwickelte der «Iswestija»-Aufruf in den Folgejahren eine eigene Dynamik, wie sie bei der Lesung bekannte. Diese Aufzeichnungen seien für sie «ein Mittel gegen das Vergessen». Der Präsident der Akademie der Künste, Adolf Muschg, hob die «Schwäche für Ehrlichkeit» bei Christa Wolf hervor. Das hätten auch ihre Leser immer gewusst und gewürdigt.
Das im Luchterhand Verlag erschienene Buch ist seit Montag in den Buchläden. «Ein Tag im Jahr - 1960-2000» hat 655 Seiten und kostet 25 Euro.
Geschwister-Scholl-Preis für britischen Historiker Roseman
München (ddp-bay). Der Geschwister-Scholl-Preis 2003 wird am 24. November in München an den englischen Autor Mark Roseman verliehen. Der Historiker wird für sein Buch «In einem unbewachten Augenblick» geehrt. Die Biografie erzählt die Geschichte der 20-jährigen Jüdin Marianne Strauß aus Essen, die im August 1943 unmittelbar vor der Deportation ihrer Eltern und ihres Bruders durch die Gestapo floh. Sie tauchte unter und überlebte im Untergrund in Deutschland die Nazi-Zeit.
Nach Worten der Jury verdeutlicht Roseman, «dass es auch im nationalsozialistischen Terrorsystem möglich war, großen persönlichen Mut zu beweisen». Der Autor ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität von Southhampton. Der Historiker lernte die 1996 verstorbene Marianne Strauß in Liverpool kennen und schrieb «mit überzeugender erzählerischer Intensität» ihre Lebensgeschichte.
Der mit 10 000 Euro dotierte Preis ist nach den Münchner Studenten Hans und Sophie Scholl benannt, die 1943 von den Nazis ermordet wurden. Der Preis wird seit 1980 von der Landeshauptstadt München und dem bayerischen Landesverbandes des Börsenvereins des Deutschenbuchhandels vergeben. Gewürdigt wird jeweils ein Buch, «das von geistiger Unabhängigkeit zeugt» sowie geeignet ist, «bürgerliche Freiheit, moralischen und intellektuellen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben». Zur Jury unter dem Vorsitz von Münchens Kulturreferentin Lydia Hartl und Verbandsvertreterin Rosemarie von dem Knesebeck gehören rund zehn Autoren, Kritiker, Schriftsteller und Journalisten.