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Breitenbewegung "Hausmusik"

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Mit der Gattin am Klavier - Das Musizieren in den eigenen Wänden kommt trotz CD nicht aus der Mode - Am Samstag «Tag der Hausmusik»


Berlin (ddp). Peter Ramsauer zieht sich in den wenigen Mußestunden gern an seinen Flügel im heimischen Traunwalchen zurück, Henning Scherf singt mit seiner Wohngemeinschaft Weihnachtslieder. Der CSU-Politiker und der Bremer SPD-Regierungschef gehören zu denen, die die alte Tradition der Hausmusik pflegen. Millionen von Menschen sind nach Angaben des Deutschen Musikinformationszentrums Hobbymusiker. Andere, wie TV-Moderator Dieter Thomas Heck, spielen zwar kein Instrument, «freuen sich aber immer», wenn sie Hausmusik als Gast in einer Familien hören können.

So sieht denn auch der Generalsekretär der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände, Stefan Liebing, das Laien-Musizieren als «wichtigsten Zugang zur Kultur überhaupt». Es sei eine «Breitenbewegung» ähnlich wie der Sport.

Das klassische Instrument für die vielen Hobby-Musiker ist das Klavier. Landesvater Scherf spielt oft vierhändig mit seiner Frau Luise, einer Musikpädagogin, am eigenen Flügel. Zudem singt das frühere Chormitglied viel - bevorzugt mit den Enkelkindern und im Kanon. Der frühere Bundeswirtschaftsminister Werner Müller übte, als er aus dem Amt ausschied, fleißig an einer Beethoven-Klaviersonate. «Hausmusik gibt mir Ruhe, Freude und Befriedigung», sagte er einmal.

Zu Ehren kam 1997 die frühere Familienministerin Claudia Nolte, die zur «Klavierspielerin des Jahres» gekürt wurde. Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt gelang mit einer gemeinsamen Aufnahme eines Klavierkonzertes mit Justus Frantz und Christoph Eschenbach ein großer Erfolg. Bei Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee war es ein Cello, mit dem er im Rennen um die deutsche Olympia-Bewerbung nicht nur das Nationale Olympische Komitee, sondern die ganze Nation rührte.

Die Tradition der Hausmusik ist alt: Anfangs noch adeligen Familien vorbehalten, entwickelte sie sich seit dem späten 18. Jahrhundert parallel mit dem Erstarken des Bürgertums zu einer bürgerlichen Gattung. Radio, Schallplatten und später CDs führten zu einem Rückgang der Hausmusik - ausgestorben ist sie aber längst nicht. Heutzutage scheint vor allem mangelnde Zeit das Problem für Laienmusiker zu sein.

So hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, zwar noch seine Instrumente - ein Saxophon, eine Klarinette und ein Schifferklavier -, mittlerweile fehlt ihm nach eigenen Worten aber die Übung. Aus dieser ist mangels Zeit auch Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel gekommen. Bis zum Abitur habe er Klavierunterricht genommen und mit seinen vier musizierenden Brüdern ein «ganz nettes Ensemble» auf die Beine gestellt. «Das Ende des regelmäßigen aktiven Musizierens kam dann mit meinen Aufgaben in der Staatsregierung», beklagt der CSU-Politiker. Bei Chorabenden im Fürstenfeldbrucker Landkreis sei seine Stimme aus der 1. Reihe aber nach wie vor «gefürchtet».

Beim FDP-Abgeordneten und Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände, Ernst Burgbacher, der Mundharmonika sowie «ein bisschen Klavier und Gitarre» spielt, wird vor allem zu Weihnachten musiziert und viel gesungen - «sonst leider weniger».

Am Samstag, dem «Tag der Hausmusik» werden in vielen Städten und Gemeinden wieder Musikschulen, Vereine, aber auch Musikfachgeschäfte Konzerte geben, um die Menschen zu motivieren, selbst ein Instrument zu spielen.

Nathalie Waehlisch
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