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"Der Goethe unter den Liedermachern" - Reinhard Mey wird 70

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Berlin - Seit einem halben Jahrhundert steht Reinhard Mey nun schon auf der Bühne. Inzwischen umfasst das Werk des Liedermachers Hunderte Lieder auf 25 Studioalben. Und es ist noch lange nicht still geworden um den Chansonnier, der am Freitag (21. Dezember) seinen 70. Geburtstag feiert. Im Herbst 2011 stand Mey an 62 Tagen hintereinander auf der Bühne, jeweils vor ausverkauftem Haus. Sein nächstes Album erscheint im kommenden Mai, für 2014 ist bereits die nächste Tour geplant.

Mey gehört mit Musikern wie Wolf Biermann, Konstantin Wecker und Hannes Wader zu den erfolgreichsten deutschen Liedermachern. "Ohne Reinhard Mey hätte die Liedermacherszene in Deutschland erst gar nicht begonnen", sagt sein enger Freund und Kollege Klaus Hoffmann. "Er ist der Goethe unter den Liedermachern, ein großer Poet, ein atmosphärischer Denker in den schönsten Farben und ein liebevoll-bissiger Kommentator unserer Zeit."

Seinen Ehrentag möchte der Sänger in aller Stille begehen: "Keine Mega-Party, kein Aufriss, kein Fernsehen, kein Radio, keine Interviews", hatte Mey vor einigen Wochen auf seiner Homepage angekündigt. "Ich weiß, ich habe Grund zu Dankbarkeit, dass ich mit heilen Knochen und ohne straffällig zu werden, so alt geworden bin. Dankbarkeit ist leise", schrieb er und fügte hinzu: "Ich habe Euch mein Leben in meinen Liedern erzählt, Ihr wisst alles von mir."

Erste Erfolge in Frankreich

Mey wurde am 21. Dezember 1942 in Berlin-Wilmersdorf geboren. Zur Musik fand er bereits in den 1960er Jahren. Mit 14 kaufte er sich seine erste Gitarre, ein Jahr später gründete er seine erste Band, die "Rotten Radish Skiffle Guys", 1961 das Trio "Les Trois Affamés". Mey vertonte Balladen von François Villon und Gedichte von Georg von der Vring.

Nach dem Abitur am Französischen Gymnasium in Berlin absolvierte er eine Lehre als Industriekaufmann. 1964 veröffentlichte Mey sein erstes Lied "Ich wollte wie Orpheus singen". 1966 begann er, Chansons in französischer Sprache zu schreiben. Im Nachbarland feierte er auch seine ersten Erfolge unter seinem Künstlernamen "Frédérik Mey". Seine Texte erschienen sogar in französischen Schulbüchern. Aber auch in Deutschland gewann der Berliner bald immer mehr Anhänger. 1971 gewann er seine erste Goldene Schallplatte und ging auf große Deutschlandtournee.

Feine Ironie und beißender Spott

Mit den Zeilen "Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein" schrieb sich der langjährige Hobbypilot Mey ins deutsche Gedächtnis. In seinen Texten beschreibt er Alltagssorgen, er singt über Familie, Freunde und die Liebe. Der überzeugte Pazifist äußerte sich aber stets auch sozialkritisch und politisch, mit feiner Ironie oder auch mit beißendem Spott wie in dem Lied "Sei wachsam": "Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, ich halt' sie arm!"

Sein Album "Ein Achtel Lorbeerblatt" landete 1972 an der Spitze der Charts. 25 Jahre und zahlreiche Alben später wiederholte er diesen Erfolg mit "Bunter Hund". Sein musikalisches Werk und sein ehrenamtlicher Einsatz, wie etwa für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, brachten Mey zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen ein. Er ist unter anderem Träger des Bundesverdienstkreuzes, wurde mit dem "Echo" für sein Lebenswerk geehrt und mit dem Deutschen Musikautorenpreis ausgezeichnet.

Schwerer Schicksalsschlag

Mey ist seit 1977 in zweiter Ehe verheiratet. Gemeinsam mit seiner Frau Hella hat er zwei Söhne und eine Tochter, seit Anfang des Jahres ist Mey Großvater. Einen schweren Schicksalsschlag musste der Sänger 2009 verkraften, als sein Sohn wegen einer verschleppten Lungenentzündung und Herzrhythmusstörungen einen Atem- und Herzstillstand erlitt und ins Wachkoma fiel.

"Das Leben hat mich mit Geschenken überhäuft, mit Glück und Liebe überschüttet und, wie, um Gleichgewicht und Gerechtigkeit wiederherzustellen, auch mit dem größten Schmerz", lässt Mey seine Fans auf seiner Internetseite wissen. "Ich bin verschollen bei meiner Frau und unseren Kindern, und ich halte inne und blicke zurück auf diese sieben Jahrzehnte."
 

 

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