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Gerichte sehen Internetpiraterie im Netz nicht als Bagatelle: ein Album genügt

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Viele Gerichte sehen den illegalen Download von Musik, Hörbüchern oder Filmen aus Tauschbörsen nicht als Bagatelle. Das zeigen die ersten Erfahrungen mit dem Anfang September in Kraft getretenen Gesetz zur „Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“, das Musik- und Filmproduzenten oder Verlagen erstmals die Möglichkeit eröffnet, ausschließlich und auf direktem Wege zivilrechtlich gegen Internetpiraterie vorzugehen.

 Voraussetzung für die Verfolgung von Tauschbörsendelikten ist dabei, dass ein Richter dem Provider gestattet, dem Rechteinhaber, unter Verwendung von Verkehrsdaten, Name und Anschrift des Anschlussinhabers mitzuteilen, über dessen Internetzugang die Rechtsverletzung begangen wurde. Allein 2007 wurden in Deutschland unter anderem über 300 Millionen Songs illegal aus dem Internet heruntergeladen. Auf einen legalen kommen damit rund zehn illegale Downloads.

Richter der Landgerichte in Köln (28 AR 6/08), Bielefeld (4 O 328/08), Oldenburg (5 O 2421/08), Frankfurt a.M. (2-06 O 534/08) und Nürnberg (3 O 8013/08) sehen bereits das Anbieten von einem Musikalbum oder Hörbuch als ausreichend, betroffenen Musikfirmen oder Verlagen die Abfrage der hinter den IP-Adressen stehenden Klardaten der Anschlussinhaber (sogenannte Verkehrsdaten) zu erlauben. Damit wird der im Gesetz gewählte Begriff des „gewerblichen Ausmaßes“ als Voraussetzung zur Erteilung von Auskünften bewusst niedrigschwellig ausgelegt. Das LG Oldenburg geht sogar noch einen Schritt weiter und sieht bereits in der Nutzung einer Musiktauschbörse ein Indiz dafür, dass der Rahmen des Privaten „endgültig“ überschritten sei. Von Providern wurden ebenfalls erste Auskünfte zu Anschlussinhabern erteilt. Diese müssen jetzt mit Schadensersatzforderungen sowie nicht unerheblichen Gerichts- und Anwaltskosten rechnen.

„Viele Zivilrichter scheinen das Problem illegaler Downloads höher zu bewerten als einige Staatsanwälte, die seit Sommer die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen bei Fällen von Internetpiraterie verweigern“, sagte Stefan Michalk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie in Berlin. „Niemand, der illegal Songs, Hörbücher, Filme, Games oder Software im Internet anbietet oder herunterlädt, darf sich sicher fühlen“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Deutscher Buchhandel. Statt straf- oder zivilrechtlicher Verfolgung würde die Kreativwirtschaft allerdings Lösungen wie in Frankreich oder England bevorzugen, bei denen Internetpiraten zunächst eine Warnung ohne juristische Konsequenzen erhielten. Dafür sei aber die Mitwirkung der Provider notwendig, die dazu bisher wenig Bereitschaft zeigten.

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