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Berlin: DSO und RSB sollen fusionieren [update, 7.12.]

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Berlin - Das Deutsche Symphonie-Orchester (DSO) und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) sollen zur Saison 2011/2012 fusionieren. Das berichtete das Internetportal «Morgenpost Online» am Freitag unter Berufung auf Kreise der Rundfunk-Orchester und –Chöre GmbH (ROC). Leiter des neuen Klangkörpers soll demnach der derzeitige RSB-Chefdirigent Marek Janowski werden.

Beide Orchester gehören zur ROC und werden von vier Gesellschaftern - Bund, Deutschlandradio Kultur, RBB und Land Berlin - getragen. Auf die Fusion drängen dem Bericht zufolge die Mehrheitsgesellschafter Bund und Deutschlandradio. Sie sei auch möglich, weil DSO-Chefdirigent Ingo Metzmacher seinen Vertrag wegen der Forderung nach deutlicher Verkleinerung des Orchesters über die laufende Spielzeit hinaus nicht verlängert habe.

Deutschlandradio-Intendant Willi Steul sagte dem «Tagesspiegel» (Samstagausgabe): «Ich halte eine Vereinigung von DSO und RSB vor allem inhaltlich künstlerisch für notwendig.» Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, doch habe man derzeit eine Situation, die so schnell nicht wiederkehre: «Wir haben die Mittel für die nächsten drei Jahre gesichert und damit endlich Handlungsspielraum.» In beiden Orchestern seien wichtige Spitzenpositionen derzeit nicht besetzt. «Jetzt können wir handeln, dann erst wieder in Jahren.»

Steul sagte, es werde nicht zu Entlassungen von Musikern kommen. Das fusionierte Orchester werde 120 bis 125 Planstellen haben. Da sowohl das DSO als auch das RSB derzeit mit Aushilfen arbeiteten, werde man den Überhang von 40, 50 Musikern «mühelos beschäftigen können». Die ROC ist laut Steul «zwar nicht insolvent, aber so gut wie pleite». Sollte das Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstag der Etaterhöhung um sechs Millionen Euro zustimmen, sei dies für die nächsten drei Jahre abgewendet.

Der Sprecher für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion, Siegmund Ehrmann, forderte derweil Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) auf, die Gerüchte um eine Fusionierung der beiden großen Berliner Orchester «schnellstmöglich» aufzuklären.
 

[update, 7.12.]

Ein Sprecher von Kulturstaatsminister Bernd Neumann erklärte folgendes zur Rundfunk Orchester und Chöre GmbH (ROC):
„Der Intendant des Deutschlandradios, Willi Steul, hat verschiedene Vorschläge für Strukturverbesserungen der ROC GmbH erstellt. Ein Vorschlag unter anderen sieht die Fusion des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) und des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO) vor, den das Deutschlandradio als Mehrheitsgesellschafter favorisiert. Die Vorschläge werden vom Bund geprüft. Eine Entscheidung des Bundes gibt es nicht."

 

Die DOV war von geplanter Berliner Orchesterfusion überrascht
Mit Überraschung reagiert die Deutsche Orchestervereinigung (DOV), der Berufsverband der Orchestermusiker und Rundfunkchorsänger in Deutschland, auf die seit Freitagmittag (4.12.09) verbreitete Meldung zur geplanten Fusion des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin und des Rundfunksinfonieorchesters Berlin.
"Es gab in der Vergangenheit in Berlin schon alle möglichen Orchesterfusionspläne", meint Gerald Mertens, Geschäftsführer der DOV. "Der aktuelle Vorstoß, den wir einstweilen nur aus den Medien kennen, überrascht insofern, als Marek Janowski gerade erst seinen Vertrag mit dem RSB bis 2016 verlängert hat und das DSO sich auf Chefdirigentensuche befindet", so Mertens weiter. "Was ein einem offenbar neuen Fusionsplan zwischen DSO und RSB tatsächlich dran ist, können wir erst dann ernsthaft beurteilen, wenn er offiziell vorgelegt werden sollte. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass wir als Gewerkschaft und Berufsverband unmittelbar in eine etwaige Diskussion einbezogen werden. Derart gravierende Einschnitte und Veränderungen können unmöglich über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden werden", so Mertens abschließend.
 


Musikerinnen und Musiker des DSO und Chefdirigent Ingo Metzmacher protestieren gegen die Zusammenlegung von DSO und RSB
Der Intendant von Deutschlandradio, Hauptgesellschafter der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH (roc berlin), Dr. Willi Steul verkündete heute (4.12.) am späten Nachmittag im Deutschlandfunk seine Fusionierungspläne der beiden unter dem Dach der roc berlin organisierten Orchester, des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO) mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB).
Gegen die Zusammenführung der beiden Klangkörper legen die Musikerinnen und Musiker des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin mit ihrem Chefdirigenten und Künstlerischen Leiter Ingo Metzmacher entschiedenen Protest ein:
»Es ist inakzeptabel, dass ein renommiertes und international erfolgreiches Orchester wie das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, das in einzigartiger Weise mit der 60-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verbunden ist, durch eine Fusionierung zum Verschwinden gebracht werden soll.
Es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass durch die Fusionierung zweier erstklassiger Orchester ein noch viel besserer Klangkörper entstehen könne.
Die Fusionierung von DSO und RSB würde kulturpolitisch ein völlig falsches Signal aussenden. Das DSO zeichnet sich seit Jahren durch eine innovative, engagierte und in die Zukunft gerichtete Arbeit aus, die Vorbildcharakter hat. Es für verzichtbar zu erklären, ist unverständlich und zeugt von Ignoranz gegenüber der Leistung und der Bedeutung dieses Orchesters.«
 

Christina Weiss, ehemalige Kulturtstaatsministerin, kritisiert die geplante Fusion
Sowohl das DSO als auch das RSB seien «international konkurrenzfähig», sagte Weiss der Zeitung «Die Welt» (Montagausgabe). «Umso schlimmer finde ich dieses Signal, zumal es von den potentesten deutschen Kulturförderern ausgeht - dem Bund und dem Deutschlandradio», fügte sie hinzu. Klangkörper seien «organische Gebilde, denen man nicht einfach Gliedmaßen abtrennen darf».
Kritik übte Weiss zudem an RSB-Dirigent Marek Janowski, der als Dirigent eines fusionierten Orchesters im Gespräch ist. «Nichts gegen ihn, aber als großer Innovator hat er sich nicht hervorgetan», sagte Weiss.
Dagegen habe das DSO mit seinem noch amtierenden Dirigenten Ingo Metzmacher «seine Hausaufgaben gemacht». «Ingo Metzmachers Programme kamen an, er hat das Orchester im Heute verankert und die Jugend mehr und mehr gewonnen», sagte Weiss. Aus Protest gegen Stellenkürzungen beim DSO hatte Metzmacher Mitte des Jahres angekündigt, seinen Vertrag nicht über 2010 hinaus verlängern zu wollen.
«Jetzt wird eher klar, warum sich im Frühling die Vertragsverhandlungen mit Ingo Metzmacher so lange hingezogen haben. Man wollte ihn offenbar gezielt düpieren, um ihn los zu werden», sagte Weiss der Zeitung.
Weiss war zwischen 2002 und 2005 Kulturstaatsministerin der rot-grünen Bundesregierung. (ddp)

 




 

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