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Unternehmer übernimmt Aufbau-Verlag: Matthias Koch verfügt künftig über sämtliche Rechte

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Berlin (ddp). Knapp fünf Monate nach der Insolvenzmeldung hat der Berliner Aufbau-Verlag mit dem Kaufmann Matthias Koch einen neuen Besitzer. Das Geschäft wurde in der Nacht zum Montag besiegelt, wie der Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus, der bisherige Verleger Bernd Lunkewitz und Koch am Dienstag in Berlin mitteilten. Demnach wird der 1943 in Dresden geborene Koch künftig über den kompletten Verlag mit allen Rechten verfügen. Der Kaufpreis blieb geheim.

Koch sagte, der Aufbau-Verlag werde weiter «einer der führenden Verlage für deutsche Gegenwartsliteratur sein». Voigt-Salus sprach von einer «super Zukunft» des Traditionsverlages. Selbst Lunkewitz betonte, er sei «siegreich aus der Sache hervorgegangen», da er den Verlag vor dem Untergang gerettet habe. Der 1945 gegründete Aufbau-Verlag war der bedeutendste Verlag der DDR.

Nach Angaben von Koch wird der Aufbau-Verlag vom Hackeschen Markt in Mitte in das geplante Kreativkaufhaus am Moritzplatz in Kreuzberg ziehen. Er werde selbst im Verlag mitarbeiten und sich um die strategische Ausrichtung kümmern. Der Verlag mache «gute Bücher», diese müssten jedoch besser vermarktet werden. Zum künftigen inhaltlichen Programm wollte Koch sich am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse äußern. Er verriet jedoch, seine Interessen seien Exilliteratur, antifaschistische Literatur und DDR-Literatur.

Voigt-Salus sagte, das Konzept Kochs ziehe den geringsten Personalabbau mit sich. So sollten nur 8 von 65 Stellen gestrichen werden. Dies sei «überschaubar» und aufgrund der wirtschaftlichen Lage ohnehin geplant gewesen. Die Konzepte anderer Interessenten hätten einen Abbau von mehr als der Hälfte des Personals beinhaltet. Auch die Autoren bleiben den Angaben zufolge an Bord des Verlags.

Koch, der im Mai aus dem Ruhrgebiet nach Berlin gezogen und früher Lehrer für Deutsch, Französisch und Literatur war, sagte zudem: Erstmals seit der Wende sei klar, wem der Verlag und die Rechte gehörten, «nämlich mir». Er finanziere den Kauf wie alle seine Geschäfte mit Eigenkapital. Und: «Die Summen, die der Verlag braucht, die bekommt er auch.»

Lunkewitz hatte den Aufbau-Verlag 1991 von der staatlichen Treuhandanstalt erworben, ohne dass diese im Besitz der Eigentumsrechte war. Es folgte ein Rechtsstreit um Besitzverhältnisse, Lizenzen und Rechte. Der Verleger kündigte am Dienstag an, seinen Kampf um Schadensersatz vom Bund fortzusetzen. Er habe «sehr viel Geld» in eine «vermögensleere Hülle» investiert, was nicht seine Schuld, sondern die der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. «Insgesamt habe ich den Aufbau-Verlag sechs Mal gekauft.»

Dennoch nannte der frühere Chef des Aufbau-Verlags den Verkauf an Koch eine «wunderbare Nachricht». Da er keinen Nachfolger in der Familie habe, hätte er den Verlag ohnehin in den kommenden Jahren verkaufen müssen. Nun wolle er sich künftig seiner Familie und den zahlreichen ungelesenen Büchern in seinem Regal widmen.

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