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Welttheater auf der Rollbahn: "Flughafen-Oper" mit bunter Truppe musisch begabter Piloten und Stewardessen

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München - Eine junge Südafrikanerin durchschreitet das Auditorium des Münchner Cuvilliéstheaters, einen Rollkoffer hinter sich herziehend, das holpernde Symbol der Globalisierung. Sie erklimmt die Bühne und beginnt zu singen: «Sail in atmosphere». Es ist der Prolog zu einer umjubelten Flughafenoper, die am Freitagabend in München uraufgeführt wurde.

 
 
Alle Darsteller sind Amateure. Für das ungewöhnliche Musiktheaterprojekt hatten sich die 20 Protagonisten - durch die Bank Crewmitglieder internationaler Fluglinien und Mitarbeiter des Münchner Flughafens - im Laufe des vergangenen halben Jahres für mehrere Wochenenden und eine abschließende, dreiwöchige Probenphase in München getroffen. Russen, Deutsche, Südafrikaner, Japaner - eine multi-ethnische Truppe. Gesungen wurde auf Englisch und Spanisch.
 
Das Libretto für «This New Ocean», eine «globale Oper in drei Akten» schrieb Björn Potulski, leitender Mitarbeiter des Münchner Flughafens; seine Frau Nélida Béjar komponierte die Musik. Potulski schildert den langen Weg der Menschheit von der mythischen Sintflut bis zur globalen Wirklichkeit unserer Tage und orientiert sich dabei unter anderem an Pedro Calderóns «Gran teatro del mundo», dem «Großen Welttheater» aus dem 17. Jahrhundert.
 
«Wir interpretieren Globalisierung als große Wiedervereinigung der Menschheit, die während einer langen Periode der Geschichte durch unüberwindliche geografische Hindernisse in Gruppen getrennt war, die nichts oder wenig voneinander wussten», heißt es im Programmheft. Dass sich immer noch nur ein winziger Bruchteil der Menschheit einen Kurztrip nach New York leisten und die Segnungen der Globalisierung genießen kann, verschweigt der Text.
 
Die Leistungen der Sänger und Darsteller sind beachtlich. Besonders Jan Kollmar, ein ausgebildeter Countertenor, und die japanische Sopranistin Yoko Yamaguchi stachen mit gut geführten Stimmen aus dem Ensemble hervor. Mit Michael Meiringer konnten die Opernmacher sogar einen begabten Solotänzer aufs Parkett schicken. Potulski führte auch Regie und hielt sein Ensemble in Dauerbewegung oder versammelte es zu lebenden Bildern. Manche dieser nicht ganz kitschfreien Tableaus sahen aus wie eine Tommy-Hilfiger-Reklame.
 
Ein Orchester aus Münchner Profimusikern unter der Leitung von Anton Zapf realisierte die Partitur auf hohem Niveau. Der Musik von Nélida Béjar, einer Schülerin des Münchner Komponisten Wilfried Hiller, merkt man eine Nähe zum Schaffen Carl Orffs an. Schließlich war Hiller selbst stark von dem Schöpfer der «Carmina Burana» beeinflusst. Am Ende kamen noch einmal die Rollkoffer zum Einsatz. Ansonsten hielt sich Potulski mit platten Anspielungen auf den täglichen Flugbetrieb zurück. Abgehoben hat dieser Opern-Event nicht, aber eine Bruchlandung sieht anders aus. 
 
Georg Etscheit
 
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