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Singer Pur Tage 2023

Zwei Neue und ein Gast: Claire Elizabeth Craig, Flore Van Meerssche (links) und Marcel Hubner (außen rechts), zusammen mit Christian Meister bei den Singer Pur Tagen 2023. Foto: Juan Martin Koch

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Die Suche nach der Selbstverständlichkeit: Singer Pur Tage 2023

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In neuer Besetzung und hörbar im Umbruch präsentierte das Vokalsextett Singer Pur bei seinem Festival wieder Renaissancemusik und Zeitgenössisches.

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Schon mal etwas von Jacques Buus gehört? Eher unwahrscheinlich, schließlich zählt dieser Komponist, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Venedig und Wien wirkte, nicht zu jenen berühmteren franko-flämischen Renaissance-Meistern, deren Werke von Spezialensembles regelmäßig gesungen werden. Die diesjährigen Singer Pur Tage auf dem Adlersberg bei Regensburg machten nun mit einigen seiner kürzlich neu edierten Chansons bekannt, wobei sich diese als hell timbrierte, luftig vorwärts drängende Preziosen erwiesen. Auch eher grüblerisch-skeptischen Texten wie dem anonymen „Pleust a dieu quil feust dict“ hat er, im Vergleich mit der ebenfalls aufgeführten Vertonung durch Nicolas Gombert, offenbar optimistische Aspekte abgewinnen können.

Neben weiteren Renaissancekomponisten, die Singer Pur an den ersten beiden Festivaltagen Buus gegenüberstellten, waren drei Uraufführungen der composer in residence Stanislava Stoytcheva zu hören. Ihre unkomplizierte, modernistisch angeschrägte Postromantik schmeichelte den sechs Stimmen hörbar. Deren Suche nach einer neuen Selbstverständlichkeit im Zusammenwirken nach dem Weggang von Sopranistin Claudia Reinhard und Tenor Markus Zapp schien hier deutlich weiter zu sein als bei manch zerbrechlicher Vokalpolyphonie. Den ersten Eindrücken nach zu urteilen, geht die Tendenz mit den neuen Kräften Claire Elizabeth Craig und Marcel Hubner mehr in Richtung Homogenisierung denn Individualisierung der Stimmfarben, was dann auch im Abschlusskonzert noch einmal deutlich wurde.

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Hier gingen die sechs – durchaus verständlich bei so viel Umbruch – ein Stück weit auf Nummer sicher und präsentierten unter dem Motto „Frieden“ ein Programm, mit dem sie in der neuen Besetzung schon einige Konzerte bestritten hatten. Neben den raffiniert-geschmeidigen Sting-Arrangements („A Thousand Years“ von Hans Schanderl und „Fragile“ von Carsten Gerlitz) machte Veljo Tormis’ unerbittlich sich steigernde und von Tamtam-Schlägen durchzogene Litanei „Varjele, Jumala, soasta“ für Männerstimmen besonderen Eindruck. Die beste Ensembleleistung mit einer das Ganze sicher überstrahlenden Claire Elizabeth Craig und dem perfektesten Schlussklang war in Joanne Metcalfs „It Is Enough“ zu hören.

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Ergänzt wurde das Vokalensemble an den beiden ersten Abenden von der höhen- und stilsicheren Sopranistin Flore Van Meerssche und der versierten Akkordeonistin Margit Kern. Deren Spiel tönte als kreative Aufführungspraxis einige der Renaissancewerke durchaus apart ab, ihre Soli wirkten aber entweder stilistisch unpassend (Piazzolla) oder unterbrachen das plausible Nebeneinander von Orlando di Lassos „Susanne un jour“ und seines darauf basierenden Magnificats (Earl Kims in diesem Kontext deutlich zu langes „Ophelia“).

Nichtsdestotrotz war dies wieder ein stimmungsvolles, programmatisch anregendes Wochenende inklusive einer musikwissenschaftlichen Akademie und damit eine würdige Fortsetzung des vom Ensemble Stimmwerck ins Leben gerufenen, von Singer Pur nun zum fünften Mal gestalteten Festivals. Auf ein Neues!

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