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Georg Kröll. Foto: Website von Georg Kröll
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Bündnisse im Fruchtland der Peripherie – Hommage-Konzerte zum 80. Geburtstag des Kölner Komponisten Georg Kröll

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Zeitgenössisch sein im Namen von Thomas Tallis, von Gilles Binchois? Es gab Zeiten, wo die NeueMusikPolizei hinter die Wischerblätter solcher entschieden falsch parkenden Kraftwagen ihre Knöllchen verteilt hat. Auch in so liberalen Hochburgen der Avantgarde wie Köln, der Wahlheimat von Georg Kröll, seitdem er dort ab 1953 ein Klavier- und Kompositionsstudium aufgenommen hat.

Fein säuberlich separiert ist alles in diesen Jahren. Selbst in der Mensa sitzt man an getrennten Tischen: Dort die Schulmusiker, hier die Stockhausen-Fraktion, daneben der Rest der Welt. Georg Kröll etwa, Schüler von Frank Martin und von Bernd-Alois Zimmermann, was schon ein Statement für sich gewesen ist. Warum Zimmermann? Zum Beispiel deshalb, weil in BAZI-Seminaren der Faden der serialistischen Tradition bis in die Partituren der mittelalterlichen Komponisten zurückverfolgt wurde. Was den Blick geweitet, was ihn geöffnet hat. Entscheidend ist, dass wir uns unterscheiden. Dass wir die Kraft dazu aufbringen. Dass wir aber auch wissen, woher wir sie nehmen sollen.

Georg Kröll ist ein Maikind. 1934 wird er im beschaulichen Linz am Rhein in das Elternhaus eines katholischen Kirchenmusikers hineingeboren. Im Klavierunterricht des Vaters saugt er die ersten Kunstimpressionen in sich auf: Bach, Beethoven, Brahms, dazu den Hallraum von Liturgie und Kirchenmusik. Was vielleicht mit ein Grund dafür ist, dass Georg Kröll bis heute mit dieser erstaunlichen Ruhe, besser vielleicht: Unaufgeregtheit seine Kreise zieht. Kompositorische und kuratorische, muss man sagen. In beiden Fällen hat Georg Kröll versucht (was so etwas ist wie der Schüssel zu dieser Künstlervita), sich den Gravitations­kräften der ihn umgebenden Zentren weitmöglichst zu entziehen. Wo sind (werthaltige) Peripherien?

Zwei Konzerte zum 80. Geburtstag des Kölner Komponisten haben uns dies noch einmal vor Augen geführt. Im Umfeld des Geburtstages (3. Mai 2014) widmete ihm die Kunstinsel Hombroich bei Neuss ein Hommage-Konzert unter Mitwirkung langjähriger Weggefährten wie Hans Zender und ensemble recherche. Dazu muss gesagt werden: Hombroich, das ist Peripherie pur. Gemeint damit der im niederrheinischen Schützengürtel gelegene, in den Sommer­monaten von Froschgequacke dominierte Kunstort, der zugleich ein Inklusionsort ist. Einer, wo Architektur, Bildende Kunst, Literatur, Ökologie und zu nicht geringen Teilen auch Musik (in ihren nicht immer aktuellsten, aber bezüglichsten Formen) probiert, ausprobiert wird. Ein kleines rheinisches Utopia möchte man meinen. Ein Ort, wo die Uhren anders gehen. Und wozu Georg Kröll das Seine beigetragen hat, indem er all die humanistisch-serialistischen Hombroich-Musikprogramme und Hombroich-Musikfestivals von Anfang kuratiert, mitgestaltet. Bis heute ist das so.

Das andere Konzert (und hier schließt sich ein anderer Kröll-Kreis) hat unlängst in der Kölner Kunststation St. Peter stattgefunden, der Taufkirche von Peter Paul Rubens. Die Überschrift dazu ein Fingerzeig: „Freundschaften“. In der Tat. Mehr vielleicht als andernorts hängt das Leben eines Artisten an gelingenden Bündnissen. Bündnisfähigkeit das unverzichtbare Kriterium für dieses Gelingen. Im GK-Köln-Konzert realisierten dies die Bratscherin Annegret Mayer-Lindenberg und der (erst seit wenigen Jahren hinzugewonnene, wenngleich schon so unverzichtbar gewordene) Düsseldorfer Pianist Udo Falkner. Als wahre Freunde (über alle folkloristischen Düsseldorf-Köln-Rivalitäten hinweg) haben beide Ausführenden das Konzert-Thema kräftig tiefenventiliert: Mit neuen Stücken zu Krölls, alle Endlichkeit transzendierenden Tagebuch für Klavier, dicht verzahnt mit Miniaturen aus Jelek sowie aus Signs, Games and Messages. Der Komponist letzterer bekanntermaßen ein weiterer Kröll-Freund: György Kurtág, der denn auch von fern (Überraschungsgeschenke sind immer die schönsten) eine Uraufführung beisteuerte. Mit einem Titel wie eine Punktlandung: Hommage à Georg Kröll 80. Und mit einer Tinte darauf, die noch ganz frisch war. So, dachte man sich, muss es bleiben.

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