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Vertragsunterzeichnung in Dresden: Sabine von Schorlemer und Serge Dorny. Foto: Matthias Creutziger
Bild aus besseren Zeiten: Schorlemer und Dorny. Foto: Creuziger
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Dorny und die Semperoper: Dorny: «Ich war engagiert für ein Drei-Sparten-Haus»

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Der renommierte Theatermann Serge Dorny wehrt sich nun gegen den Vorwurf, Vertrauen binnen kurzer Zeit verspielt und den Betriebsfrieden gestört zu haben. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa beschreibt er seine Sicht auf das Zerwürfnis. Vor allem in großen Machtbefugnissen für Dirigent Christian Thielemann sieht er ein Hemmnis für die gleichberechtigte Entwicklung aller Sparten.

Frage: Kam die fristlose Kündigung für Sie überraschend oder gab es Anzeichen?

Antwort: Überraschend und auch nicht überraschend. Überraschend empfand ich den Inhalt der Erklärung des Kunstministerium. Mit Problemen hatte ich dagegen schon seit einiger Zeit zu tun. Ich möchte nicht emotional an die Sache herangehen. Ich wollte sehr gern an die Semperoper, weil ich die Vergangenheit des Hauses und sein Potenzial sehr schätze. Mir war aber auch bewusst, dass man die Semperoper reformieren muss, um international an die Spitze zu gelangen. Das ist sie momentan nämlich nicht. Dieser Aufgabe wollte ich mich ganz verschreiben.

Frage: Was waren die strittigen Punkte?

Antwort: Ich wollte vor meiner Verpflichtung genau wissen, wie die Position des Intendanten hier definiert ist, seine Autorität und seine Kompetenzen. Anders hätte ich ja mein Mandat gar nicht ausüben können. Das Ministerium gab mir die Geschäftsordnung und Verwaltungsvorschriften. Ich habe natürlich auch gefragt, ob der Vertrag von Chefdirigent Christian Thielemann meine Kompetenzen berührt. Da wurde mir nur gesagt, dass Thielemann bei dem von ihm geleiteten Opern Mitspracherecht für den Regisseur und die Solisten hat. Das finde ich normal. Das habe ich auch akzeptiert.

Frage: Und weshalb kam es dann zum Zwist?

Antwort: Später habe ich erfahren, dass man mir einen großen Teil nicht mitgeteilt hat. Mir wurde klar, dass ich kein Intendant eines Drei-Sparten-Hauses (nmz - Oper, Konzert, Ballett) werden sollte, sondern nur für Oper und Ballett zuständig. Im Grunde sollte ich ein Operndirektor sein für all jene Projekte, die Thielemann nicht dirigiert. Das war nicht das, für was ich mich engagiert hatte. Ich hatte Kunstministerin Sabine von Schorlemer schon seit November auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Ich habe ihr gesagt: Sie haben zwei verschiedenen Mitarbeitern gleiche Kompetenzen gegeben. Das sind Parallelstrukturen.

Frage: Lässt sich so ein Problem nicht lösen?

Antwort: Das kann man nur lösen, wenn man vereint hinter dem Gesamtprojekt steht, wenn man gleiche Visionen hat. Mir ging es nicht um Serge Dorny, mir ging es um die Semperoper. Für mich war es wichtig, die Semperoper als Drei-Sparten-Betrieb künstlerisch zu entwickeln. Deshalb setze ich auch auf das Prinzip der Solidarität. Thielemann ist aber vor allem an «seiner Kapelle» interessiert. So nennt er das Orchester ja auch. Er möchte dessen Autonomie. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Staatskapelle ist ein fantastisches Orchester, das wird sich in meinen Gedanken auch nicht ändern.

Frage: Welche Vision hatten Sie?

Antwort: Wenn man eine Renaissance der Semperoper möchte, muss man das als kollektives Projekt aller Sparten angehen. Anders kann die Oper den Erfolg, den sie verdient, nicht erreichen. Wir hatten verschiedene Vorstellungen über das Konzept. Thielemann wollte dem Orchester einen separaten Status einräumen, ich sah die Oper als Ganzes im Zentrum. Für Thielemann ist das Orchester ein autonomer Betrieb, praktisch ein Staat im Staate. Ich war engagiert für ein Drei-Sparten-Haus. Die Staatskapelle könnte der Architekt der Renaissance sein. Ich konnte Thielemann davon nicht überzeugen.

Frage: Wie geht es mit Ihnen persönlich weiter? Werden Sie gegen Ihre Entlassung klagen?

Antwort: Ich bin durch die Worte der Ministerin in meiner Persönlichkeit verletzt. Für mich ist es wichtig, dass auch ich meinen Standpunkt darstellen kann. Ich möchte keine Leute verurteilen und beschuldigen. Ich verlange aber einen respektvollen Umgang. Für mich ist das eine neue Situation. Mal sehen, was passiert. Ob ich Klagen werde, muss ich mit meinem Rechtsanwalt besprechen.

 

 ZUR PERSON: Serge Dorny, Jahrgang 1962, stammt aus Wevelgem in Belgien und studierte an der Universität und am Königlichen Musikkonservatorium in Gent. 1996 wurde er zum Generaldirektor und künstlerischen Leiter des London Philharmonic Orchestra berufen. Seit 2003 ist er für die Oper in Lyon zuständig. In Dresden sollte er am 1. September 2014 sein Amt als Intendant der Semperoper antreten. Er hatte einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieben. 

 

Jörg Schurig, dpa

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