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„Rigoletto“ in München. Patricia Petibon (Gilda), Franco Vassallo (Rigoletto), Chor und Statisterie. Foto: Wilfried Hösl
„Rigoletto“ in München. Patricia Petibon (Gilda), Franco Vassallo (Rigoletto), Chor und Statisterie. Foto: Wilfried Hösl
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Ein Mitläufer der Macht: Árpád Schillings „Rigoletto“-Inszenierung eröffnet den Münchner Verdi Reigen

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Seit knapp vierzig Jahren ist es nun der dritte Versuch, Verdis Rigolettto zeitgemäß in Szene zu setzen. Nach Roman Polanski und Doris Dörrie zeichnet der aus Ungarn stammende Árpád Schilling verantwortlich für die dramaturgische Ausdeutung des Melodrams um den verfluchten Spaßmacher und Tochtermörder Rigoletto.

Ein schönes Stück mit großartigen Situationen, nannte Verdi Victor Hugos Drama „Le roi s'amuse“, die Quelle seines Rigoletto. Und großartige Situationen wollte Schilling mit seinem zeitbezogenem Konzept auf die Bühne bringen. Wie sein ungarischer Schriftstellerkollege Péter Nádas versucht er „Parallelgeschichten“ zu erzählen. Sein Mantua ist die allgegenwärtige Diktatur östlicher wie westlicher Prägung. Da braucht es keinen Buckel, um deformiert zu sein.

Schilling deutet den Hofnarren um zum Mitläufer der Macht, der um die Gunst seines Diktators weiß und sich seiner Mittel durchaus bewusst ist. Und doch glaubt er, Privates vom Öffentlichen trennen zu können, versucht (vergeblich) ein anständiger Mensch zu bleiben. Soweit das durchaus schlüssige Konzept eines Theatermannes, der die Einschränkungen der künstlerischen Freiheit in seinem Heimatland an seiner eigenen Arbeit erfahren musste.

In der Konsequenz bedeutet das Verzicht auf bunte Kostüme, Reduktion des Bühnenbildes auf ein paar wenige Blickfänger, wie ein überdimensionales  Pferdestandbild oder eine allgegenwärtige Zuschauertribüne als Tribunal der Hofgesellschaft. Die Protagonisten tragen das gleiche Einheitsbeige wie Statisten und Chor; Gesichtslarven verhüllen zusätzlich individuelle Charakterzüge.

Der Rest ist Personenregie, die häufig den Weg zur Rampe sucht. Der Abend beginnt zwingend, eine beklemmende Angstsituation ist körperlich spürbar. Wenn Rigoletto jedoch persönlich wird, sich als liebender Vater seiner Tochter Gilda erweisen soll, fehlt dem Regiekonzept eine schlüssige Antwort. Zu sehr setzt man auf den gesellschaftlichen, politischen Akzent, der vor allem den ersten Akt beherrscht.

Danach wird es immer leerer auf der Bühne und eine gewisse Ratlosigkeit stellt sich ein. Nicht dass die Oper wirklich falsch inszeniert ist, stört den Abend, sondern die verfehlte Umsetzung des interessanten Konzept ist die Schwäche des Theatermannes Schilling.

Umso mehr muss die Musik leisten. Und hier überzeugen Orchester und Ensemble, wie auch der wunderbar disponierte Chor der Bayerischen Staatsoper (Leitung: Stellario Fagone). Marco Armiliato, der in München bereits mit Puccinis „Turandot“ zu hören war, formt das Bayerische Staatsorchester zu einer subtil musizierenden Gemeinschaft, die sich auch der notwendigen Klangmelodik nicht verweigert. Nicht spröde, sondern schwung- und kraftvoll ist der Ansatz des Verdi-Landsmannes Armiliato.

Kraftvoll überwältigend, der Star des Abend, erobert der Herzog des Joseph Calleja die Münchner Zuhörer im Sturm. Ihm ebenbürtig Franco Vassallo als Rigoletto. Patricia Petibon verkörpert eine scheu innige Gilda und Dimitry Ivaschchenko gibt einen abgründig dämonischen Sparafucile, der in Nadia Krasteva (Maddalena) eine verführerische Begleiterin hat.

Mit „Simon Boccanegra“ und „Il Trovatore“ verstärkt München zum Ende der Spielzeit sein Verdi-Repertoire.

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