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Szenen aus Klebes Oper „Chesnakovs Wiederkehr“ im Detmolder Gedenkkonzert. Foto: Andreas Schwabe
Szenen aus Klebes Oper „Chesnakovs Wiederkehr“ im Detmolder Gedenkkonzert. Foto: Andreas Schwabe
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Haydn und ein Opernfragment: Gedenkkonzert für Giselher Klebe in Detmold

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„Ödön von Horwarths „Unbekannte“ nahm ihm die Feder aus der Hand“. Mit diesem Bild beschrieb der Intendant des Landestheaters Detmold Kay Metzger seine Erinnerung an Giselher Klebe (1925–2009). Zum Gedenken an den bedeutenden Komponisten und großen Humanisten lud die Hochschule für Musik Detmold, an der Klebe jahrzehntelang als Professor tätig war, zu einem würdigen Konzert.

Von der Oper „Die Unbekannte aus der Seine“ nach dem gleichnamigen Drama von Ödön von Horwarth konnte Klebe nur den ersten Akt vollenden. Dessen konzertante Uraufführung stand im Zentrum des Gedenkkonzertes. Wie schon in seiner letzten am Landestheater uraufgeführten Oper „Chesnakovs Wiederkehr“ erwies sich Klebe als Meister der konzentrierten Reduktion, der eindeutigen, gefühlvollen Aussage. Klebe eröffnet die Oper mit einer einsamen Kantilene der Bratsche, jenem Streichinstrument, dessen Klangraum der menschlichen Stimme am nächsten liegt. Ein echter Geniestreich Klebes, der damit ein treffendes „emotionales Bild“ der in der Seine gefundenen angeblich jungen und schönen Selbstmörderin „zeichnet“.

Die Uraufführung durch das Orchester des Landestheaters und ausgesuchten Solisten unter der Leitung seines GMD Erich Wächter bildete den krönenden Abschluss eines Konzertes, dass sich auf testamentarisch nachgelassenen Wunsch Klebes um Haydns Streichquartett op. 58, Nr. 2 gruppierte. Hochschulrektor Professor Martin Christian Vogel war sich sicher, dass es „die Poesie“ des Werkes gewesen sei, deretwegen Klebe sich noch in seinen letzten Tagen diesem Werk so nahe gefühlt hatte.

Mit dem renommierten Auryn Quartett, das an der der Hochschule für Musik Detmold eine Professur für Kammermusik inne hat, und dort eben erst einen Konzertzyklus mit sämtlichen Streichquartetten Haydns abgeschlossen und diese auch auf CD eingespielt hat, erfuhr dieses Streichquartett eine in kommunikativer Präzision und musikalischer Gestaltung hinreißende Aufführung, die auch Haydns Konzentration auf das Wesentliche (hierin liegt mit Sicherheit die Nähe, die Klebe empfand) in der Begegnung von Freude, Trauer und Sehnsucht mit anrührender Intensität zu Gehör brachte.

Die beiden Säulen kompositorischer Qualität – der konzentrierte Einsatz der Mittel und die genaue „Aussprache“ der jeweils gemeinten Stimmung – prägen auch Klebes Choralphantasie „Nun bitten wir den heiligen Geist“ für Orgel solo op. 108, mit der Professor Tomasz Adam Nowak das Konzert expressiv eröffnete und die beiden Sätze aus Klebes „Fantasia Incisiana per Violino e Pianoforte“ op. 137, die die dem Komponisten in den letzten Jahren eng verbundenen Musiker Professor Eckhard Fischer (Violine) und Christian Köhn (Klavier) ebenfalls sehr dicht und höchst empfindsam darzustellen wussten .

Wie Klebe im „Adagio molto pesante“ die Violine „in eine Unendlichkeit“ hineinsingen oder im „Con fuco brioso“ die beiden Instrumente dramatisch miteinander streiten lässt, verrät nicht nur den Opernkomponisten im kammermusikalischen Gewand, sondern legt gleichzeitig beredtes Zeugnis von der Humanität eines Mannes ab, der um die Nöte und Fragen seiner Mitmenschen wusste und sich in vorbildlicher Weise mit ihnen künstlerisch auseinander setzte.

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