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Herausforderung gemeistert: Christian Euler und Paul Rivinius mit Hindemiths Bratschen-Sonaten

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Hindemiths anspruchsvolle Sonaten finden sich im Standard-Repertoire vieler Bratschisten. Die charakterstarken Kompositionen brauchen Spieler, die sich selbstbewusst und mit emotionalem Feingefühl an die Interpretation wagen. Der Bratschist Christian Euler und der Pianist Paul Rivinius haben es gewagt.

Hindemith, selbst Bratschist, widmete seine erste Komposition nach dem ersten Weltkrieg der Viola: die Sonate für Bratsche und Klavier op. 11,4 . Ungewohnt lieblich dahinschwelgende Melodien komponierte Hindemith da, manch einer vermutet gar, die Sonate sei eine Hommage an den 1918 verstorbenen Impressionisten Claude Debussy. Das Duo Euler und Rivinius schafft hierbei eine musikalische Synthese aus volksliedhafter Leichtigkeit und Spielfreude mit technischer Perfektion. 

In der fünfsätzigen Solo-Sonate op. 25,1 lässt Hindemith seiner unbändigen Lust am Komponieren freien Lauf. Hinter dem nach Aufmerksamkeit rufenden Werk stecken aber auch tief verborgene Gefühle, die Euler durch seine empfindsame, subtile Art an manchen Stellen trotz der expressiven Spielweise durchblicken lässt. Auch die dynamischen und agogischen Schwierigkeiten meistert Euler souverän, vor allem in den langsamen Sätzen drei und fünf, die ein hohes Maß an Anteilnahme und Feingefühl verlangen. Der vierte Satz mit dem Titel: „Rasendes Zeitmaß, Wild, Tonschönheit ist Nebensache“ setzt sich durch den pulsierende Orgelpunkt, die rhythmischen Akzente und Sequenzen sowie Taktwechsel  ganz besonders ab. Herausfordernd ist Hindemiths Satzbezeichnung für den Interpreten, der gezwungen wird, seine konventionelle Klangvorstellung über Bord zu werfen und sich der Schönheit des Hässlichen hinzugeben. Euler agiert hier etwas zu brav, mit zu wenig Mut zur freieren Tonentfaltung.

Die Solo-Sonate op. 11,5  unterscheidet sich vom technischen und spielerischen Anspruch stark von op. 25,1. Angeregt durch sein Konzert-Debut als Bratschist im Juni 1919 erteilte sich der Komponist hier selbst die Aufgabe, das übersichtliche Repertoire für Bratsche auf einen neuen Schwierigkeitsgrad zu heben und damit gleichzuziehen mit dem kompositorischen Niveau großer Solosonaten von Bach oder Reger. Das anspruchsvolle Stück, das alle erdenklichen Spieltechniken und Klangfarben einschließt, stellt sogar gestandene Bratschisten vor große Herausforderungen. Trotz der vielen unangenehmen Doppelgriffe im Quint- und Quartabstand spielt Euler die Sonate mit tänzerischer Leichtigkeit. Auch die Anstrengungen durch die vielen Sechzehntel-Läufe in der linken Hand sind ihm nicht anzumerken, der improvisierende Charakter der Sonate bleibt bestehen.

Im letzten Stück der CD, der Sonate für Bratsche und Klavier op. 25,4, toben sich Euler und Rivinius in den rhythmisch aufgeladenen Sätzen hörbar aus. Beide verbinden die rasende Wildheit der Polyrhythmen mit sinnlicher Melancholie. 

Auch die Aufnahmequalität dieser überzeugenden Produktion ist hoch und besticht durch die natürliche Akustik des Konzerthauses der Abtei Marienmünster. 

Paul Hindemith: Viola Sonatas, Sonatas for Viola and Piano Op. 11,4 & Op. 25,4, Sonatas for Viola Solo Op. 11,5 & 25,1, Christian Euler (Viola) & Paul Rivinius (Piano), MDG Scene

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