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John Brancy und Wallis Giunta im Duett aus Mozarts „Così fan tutte“. Foto: Erich Malter
John Brancy und Wallis Giunta im Duett aus Mozarts „Così fan tutte“. Foto: Erich Malter
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Junge, starke Stimmen im Dutzend: zum Abschlusskonzert der ersten Internationalen Meistersinger Akademie in Neumarkt

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„Wenn Sie das geseh’n, müssen Sie gesteh’n: Es wär’ der Schaden nicht gering, wenn mit dem Talent ich nicht zum Theater ging’!“ Was die Adele im dritten Akt der Fledermaus mit keckem Selbstbewusstsein konstatiert, bildete (von Simone Easthope hinreißend verkörpert) gleichsam das gesungene Resumée eines ganz und gar nicht alltäglichen Konzerts im Neumarkter Reitstadel. Nicht weniger als 12 Absolventen der ersten Internationalen Meistersinger Akademie präsentierten in einem glamourösen Vokalreigen die Ernte ihrer Arbeit.

Sechs Wochen lang hatten sie bei dieser Kooperation zwischen der Stadt Neumarkt und der Nürnberger Hochschule für Musik unter der Gesamtleitung von Edith Wiens mit renommierten Dozenten aus den verschiedensten Bereichen an ihrem Lied-, Oratorien-, und Opernrepertoire gefeilt sowie in diversen Roundtables Einblicke in ihr zukünftiges Berufsfeld erhalten. Dass sie allesamt das Zeug dazu haben, hier Fuß zu fassen, vielleicht gar eine internationale Karriere zu starten – es hatte freilich eine strenge Vorauslese gegeben – zeigte das auf Opernarien und einige Ensembles fokussierte Abschlusskonzert auf eindrucksvolle Weise.

Im ersten Teil dominierte erfreulicherweise Französisches, wobei nicht allen Sängerinnen die heikle Diktion so gut gelang wie Wallis Giunta („Nobles seigneurs, salut!“ aus Meyerbeers „Hugenotten“) und Raphaela Papadakis mit einer fein charakterisierten Sophien-Arie aus Massenets „Werther“.

Die insgesamt zu beobachtende Tendenz, zuallererst Stimmvolumen präsentieren zu wollen, machte sich in zwei Ensemblenummern schmerzlich bemerkbar: Sowohl Humperdincks zerbrechlicher „Abendsegen“ aus „Hänsel und Gretel“ als auch der Beziehungszauber im finalen Terzett aus Strauss’ „Rosenkavalier“ wurden unter gegenseitigen Überbietungsversuchen begraben. Dabei galt es keine Met zu füllen und kein 100-köpfiges Orchester zu übertönen. Die Klavierbegleitung Marcelo Amarals bzw. Tobias Trunigers und die feine Akustik im Reitstadel hätten jede Form der Differenzierung ermöglicht.

Besser als Humperdincks Hänsel lag Nathalie Mittelbach ganz offensichtlich Händels Xerxes: Mag ihre Anrufung der Furien für Puristen der historischen Aufführungspraxis vielleicht ein Spur zu voluminös sein, auf der Theaterbühne wäre sie von zwingender Theatralik.

Nach der Pause steigerten sich die Solisten noch einmal hörbar, schienen das Konzertpodium mehr und mehr als Opernbühne aufzufassen: Tobias Greenhalgh gestaltete die Malatesta-Arie „Bella siccome un angelo“ aus Donizettis „Don Pasquale“ mit feinen Abstufungen, Evan Hughes brillierte in „Come un ape“ aus „La Cenerentola“ mit dunklen Fiorituren an exakt jener von Rossini intendierten Grenze zur vokalen Parodie. Auf faszinierende Weise löste Mezzosopranistin Avery Amero das Versprechen ein, das sie vor der Pause in Offenbachs „Belle Nuit“-Duett gegeben hatte: Auf der Basis einer wunderbar gerundeten Tiefe, um die sie jede Altistin beneiden würde, ließ die gerade einmal 20-Jährige Händels „Ombra mai fu“, einem kleinen, vielleicht dem Lampenfieber geschuldeten Intonationswackler zum Trotz, in unnachahmlicher Weise aufblühen.

Auch ein Exemplar der seltenen Spezies Tenor gab es zu bestaunen: Hatte Patrick Vogel in Otto Nicolais „Horch, die Lerche singt“ mit enormer Durchschlagskraft noch etwas hart und unflexibel geklungen, federte er Alfredos „De’ miei bollenti spiriti“ aus Verdis „Traviata“ bei aller Kraftentfaltung mit geschmeidigem Überschwang ab. Hoffentlich lässt er sein Material nicht vorschnell in schwererem Fach verheizen.

Zum Höhepunkt des Abends geriet überraschenderweise ein ganz unspektakuläres Duett: Guglielmos erfolgreiche Verführung der Dorabella aus Mozarts „Così fan tutte“ statteten John Brancy und Wallis Giunta mit soviel vokaler Finesse und darstellerischem Charme aus, dass man augenblicklich eine vollständige Aufführung mit diesen beiden wunderbaren Sängerdarstellern herbeisehnte. Brancy setzte dann mit einem bravourös servierten „Largo al factotum“ aus Rossinis „Barbier“ auch den Schlusspunkt unter ein hochkarätiges Programm, bevor sich alle Neumarkter Meistersinger mit dem irischen „May the road rise to meet you“ in makelloser Kammerchor-Wehmut von ihren Gastgebern verabschiedeten. Gut, dass schon von einer Fortsetzung 2012 die Rede ist.

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