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„Zwangsbeschaller“, eine Plakataktion der Kulturhauptstadt Linz. Foto: Hörstadt
„Zwangsbeschaller“, eine Plakataktion der Kulturhauptstadt Linz. Foto: Hörstadt
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Kampagne gegen Zwangsbeschallung: Hörstadt Linz veröffentlicht „Akustisches Manifest“

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„Schall ist die neue Waffe der Macht. Schall ist zu Strahlung geworden. Das Volk wird mit Schall bestrahlt und apathisch und blöd gemacht – an jedem Ort, zu jeder Zeit und unter allen Umständen.“ So heißt es im „Akustischen Manifest“, das heute in Le Figaro (Paris) sowie in der deutschen Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der österreichischen Tageszeitung Der Standard erschienen ist.

Urheber ist das Projekt „Hörstadt“ der europäischen Kulturhauptstadt 2009 Linz. Der Tag der Veröffentlichung ist bewusst gewählt, denn vor exakt 100 Jahren erschien ebenfalls im Pariser „Le Figaro“ das Futuristische Manifest Filippo Tommaso Marinettis – eine aggressive Lobeshymne des Fortschritts und der Gewalt. Was sich zunächst wie das pathetisch-provokante Pamphlet eines Spätpubertierenden ausnehmen mochte, erwies sich im Nachhinein als eine der intellektuellen Grundlagen und Vorboten des Faschismus.

„Ein Rennautomobil, dessen Wagenkasten mit großen Rohren bepackt sind, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen, ein heulendes Automobil, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake“, lautet eine der bekanntesten Passagen aus diesem zentralen Dokument der europäischen Geistesgeschichte. Sein Autor avancierte unbeschadet einer intellektuellen Liebäugelei mit der extremen Linken Ende der 1920er zum Kulturminister des Mussolini-Regimes und erhielt nach seinem Tod 1944 ein Staatsbegräbnis.

„Mit dem Futuristischen Manifest kam neben der Anbetung von Krieg, Maschinen und blindwütigem Fortschritt auch die Anbetung des Lärms in die Welt“, sagt Peter Androsch, Leiter für Musik bei Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas. „Im Rahmen unseres zentralen Projekts Hörstadt nehmen wir den 100. Jahrestag von Marinettis publizistischem Gewaltakt zum Anlass, mit dem Akustischen Manifest endlich zu antworten.“ Denn: „Heute ist es eine traurige Tatsache, dass die Welt unter allem leidet, was Marinetti für herrlich gehalten hat – Krieg, Maschinenlärm, Verkehrslärm sowie eine ins Absurde gesteigerte Mobilität und Beschleunigung unserer Lebensrhythmen.“

„Da ja die Traditionszeitung Le Figaro heute immer noch existiert, veröffentlichen wir auch genau dort das Akustische Manifest“, erklärt Androsch, der sich auch für das Dokument verantwortlich zeichnet. „Hier ist radikal zusammengefasst, was Hörstadt ausmacht: FÜR eine Politisierung des akustischen Raums, GEGEN die permanente Entwürdigung und Manipulation des Menschen durch Zwangsbeschallung, die akustische Bewusstlosigkeit von Architektur, Raum- und Stadtplanung sowie die Verlärmung unserer Welt.“

Das Akustische Manifest ist auch online auf den Seiten der Hörstadt zu lesen.

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