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Wolfgang Fortner: Bluthochzeit
Wolfgang Fortner: Bluthochzeit
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Lorcas Geist aus Fortners und Becks Händen: Günter Wand dirigiert die „Bluthochzeit“

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In der Nachkriegszeit war er eine der einflussreichsten Lehrerpersönlichkeiten Deutschlands: Wolfgang Fortner. Und seine Lorca-Oper „Bluthochzeit“ gehörte nach der Uraufführung 1957 zu den meist gespielten Werken auf deutschen Bühnen. Nach Fortners Tod 1987 wurde es aber still um den ob seiner Rolle in der Nazizeit nicht unumstrittenen Komponisten. Mit Folge 12 der verdienstvollen Günter Wand Edition beim Label Profil ist die „Bluthochzeit“ nun in der Uraufführungsbesetzung wieder zugänglich.

Die auch klanglich exzellente Rundfunkproduktion macht vor allem eines klar: Fortner zielte mit seiner Vertonung nicht auf eine vollständige Transformation des berühmtesten Lorca-Dramas in den Ausdrucksbereich der Oper oder des Musiktheaters. Die Gattungsbezeichnung „Lyrische Tragödie“ deutet vielmehr darauf hin, dass sein Werk eine behutsame Weiterentwicklung seiner früher entstandenen Bühnenmusik darstellt. Weite Passagen des Textes werden gesprochen, einige Rollen (etwa der Bräutigam) sind vollständig als Sprechrollen angelegt.

Umso expressiver wird Fortners Musik – eine eigenständige, undogmatische Variante der Zwölftontechnik – wenn sie über die melodramatische Funktion hinausgeht: in den überaus gut liegenden Gesangspartien und den instrumentalen Zwischenspielen, die nicht umsonst auch unabhängig von der Oper Eingang in den Konzertsaal fanden.

Doch Fortners uneitler, textdienlicher Umgang mit Lorca hat auch eine Kehrseite: Es ist nicht Lorcas Sprache, die hier ganz in den Focus rückt, sondern diejenige seines berühmt-berüchtigten ersten Übersetzers Enrique Beck, der sich zweifellos enorme Verdienste um die Verbreitung Lorcas im deutschen Sprachraum erworben hat, der sich aber selten auf der Höhe von Lorcas enormer poetischer Sprachmacht bewegt. Weniger überzeugend auch Fortners folkloristische Einsprengsel, die wenig vom Geist des „Cante jondo“ zu transportieren vermögen, einer Musiksprache, derer der Musiker Lorca ja ebenfalls mächtig war.

Dennoch: Es ist ein Genuss der präzisen, auch klanglich vielschichtigen Einstudierung Günter Wands und einem Ensemble zu lauschen, das ohne jedes Forcieren das komplette Ausdrucksspektrum von Fortners Musik umzusetzen imstande ist. Ein Libretto ist nicht enthalten – die gestochen scharfe Diktion sämtlicher Sängerinnen und Sänger macht es auf faszinierende Weise überflüssig.

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