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Marie, Marie, warum kommst du denn nie? Max Raabe und sein Palastorchester bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen

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Es war ein Abend wie aus dem Bilderbuch für Prinzessinnen: nur ein paar weiße Federwölkchen zierten den erst blauen, später mondbeschienenen Himmel über dem Innenhof des imposanten Schlosses von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Und dann erschienen sie: elf Herren in weißen Jacketts un schwarzen Fliegen, eine Dame im Glitzer-Kleid in Rosa und der Meister selbst: Max Raabe - wie immer im tadellos sitzenden Frack. Die Schuhe glänzten bis hoch in die 20. Reihe und nach den ersten Tönen fühlte man sich sofort in die goldenen 20er- und 30er-Jahre zurück versetzt.

Raabe und sein Palastorchester sind nach 20 Jahren auf den internationalen Bühnen der Welt längst kein Geheimtipp mehr, trotzdem fasziniert das Repertoire, das auch ständig erneuert und erweitert wird, samt den minimalistischen stocksteifen Ansagen und der perfekten Orchestrierung nach wie vor. Wenn Raabe larmoyant und mir rollenden Rrrrs davon erzählt, dass Männer und Frauen zwei völlig unterschiedlichen Spezies angehörten, sich aber trotzdem meist eine Behausung teilten, können auch im Schlosshof die betuchten Pärchen ein Kichern nicht unterdrücken. Jemand muss ja schließlich für die Frauen die Sektflaschen aufmachen…

Gassenhauer, die unsere Omas uns schon vorsangen, wie „Wenn die Elisabeth…“ oder „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, allerdings a cappella von fünf Herren vorgetragen, wechselten sich gekonnt gemischt mit weniger Bekanntem wie dem „Marie, Marie, ich bin verliebt in sie“ aus dem Film „Der Gassenhauer“ (1931), „Wenn ich Sonntags in mein Kino geh‘“ oder dem ergreifend romantischem Spoliansky-Klassiker „Leben ohne Liebe“ ab. Die eingestreuten englischsprachigen Songs wie „Smoke Gets In Your Eyes“ stammen wohl aus dem Repertoire für den oder die Auftritte in der Carnegie Hall, hätten aber an diesem Abend in Regensburg nicht unbedingt sein müssen.

Die gut gefüllten Ränge bewiesen aber, dass sich das Konzept des findigen Westfalen, der vor kurzem auch als Solokünstler von sich reden macht (siehe http://www.nmz.de/artikel/wenn-wind-weht-ueber-das-meer) auch nach zwei Jahrzehnten noch trägt. Vielleicht ist es ja die kleine Sehnsucht nach der Eleganz, dem Stil und dem Wortwitz einer leider rüde beendeten Epoche deutscher Unterhaltungskultur? Jedenfalls ein vergnüglicher kurzweiliger Abend, den er uns da beschert hat.

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