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Lucie Gartmann (Scharada), Lukas Kargl (König Zepahlus), Neal Banerjee (Galgenvogel), v.r. Foto: ©Sebastian Düsenberg
Lucie Gartmann (Scharada), Lukas Kargl (König Zepahlus), Neal Banerjee (Galgenvogel), v.r. Foto: ©Sebastian Düsenberg
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Von Räubern, Wildschweinen und dem Erwachsenwerden –Young Opera Company Freiburg begeistert mit Glanerts „Die drei Rätsel“

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Für Kinder und Erwachsene eine Oper zu komponieren, ist nicht einfach. Zwischen Überforderung und Unterforderung liegt das Spannungsfeld, das musikalisch beackert werden muss. Die Geschichte sollte einfach zu erzählen sein, aber auch genügend Stoff zur Dramatisierung bieten. Detlev Glanert ist mit seiner Oper „Die drei Rätsel“ der Spagat zwischen Zugänglichkeit und Anspruch gelungen.

Das ist zu erleben bei der jüngsten Produktion der Young Opera Company Freiburg, die zu ihrem 20-jährigen Jubiläum das Werk geradezu mustergültig auf die Bühne des Freiburger E-Werks bringt. Das gilt zunächst für die Musik. Klaus Simon hat mit seinem reaktivierten Jugendorchester der Holst-Sinfonietta (die Jüngsten sind zwölf Jahre alt) einen erstaunlich präzisen Klangkörper zur Verfügung, der, souverän angeführt von Konzertmeisterin Xenia Geugelin, Glanerts weitgehend tonale, rhythmisch betonte, zugängliche, aber nie banale Sprache zum Schwingen bringt.

Die vielen intimen Momente mit Soli von Violine, Cello und Gitarre sind delikat. Und wenn das mit sieben Schlagzeugern besetzte Orchester richtig loslegt wie bei der Räuberszene im ersten Akt oder der Sturmszene im zweiten, dann ist Dampf im Kessel. Auch die beiden Kindersolisten leisten Außergewöhnliches (besuchte Vorstellung: 21.10.14). Der elfjährige Valentin Bittner ist als abenteuerlustiger Lasso ein mutiger Junge mit vielen Facetten. Sein heller Sopran hat durchaus Ecken und Kanten – und verleiht diesem jungen Wilden, der endlich auch mal unter die Röcke schauen möchte, Glaubwürdigkeit. Lucie Gartmann (Jahrgang 2001) gibt die Prinzessin Scharada überzeugend als griesgrämige Zicke, die einem durchgeknallten, degenerierten Hofstaat vorsteht. Stimmlich und darstellerisch ist Gartmann eine Wucht. Und lässt am Ende, nachdem sie keines der drei Rätsel beantworten konnte, Lasso nicht nur am Leben, sondern segelt mit ihm an der Seite in eine gemeinsame Zukunft.

Es liegt aber auch an der stimmigen Inszenierung von Aurelia Eggers und der fantasievollen Ausstattung von Azizah Hocke, dass der generationsverbindende Musiktheaterabend so beglückend wird. Eggers, die schon bei der italienischen Erstaufführung des Werkes 2003 in Montepulciano Regie führt, hat für die Freiburger Produktion die deutsche Übersetzung des italienischen Librettos von Carlo Pasquini überarbeitet und das Märchen ein wenig poetischer, lebensnaher und auch frecher gemacht. Vom temporeich inszenierten Kindergeburtstag mit schön schrillen Kostümen gelangt Lasso über einen magischen Schrank in die Märchenwelt des Königreichs Busillis. Das schwarz-weiß schraffierte Ambiente mit der riesigen Stehlampe könnte auch Lassos Kinderzimmer sein, in dem er sich die Abenteuer erträumt. In diesen eher abstrakten Räumen werden die Figuren zu echten Charakteren. Florian Rosskopp (Herr Subtil/Tartarus) und Michael MacKinnon (Schluck/Avernus) brillieren als skurril überdrehtes Dienerpaar.

Joslyn Rechter verängstigt die zuhörenden Kinder sowohl als böse blauhaarige Mutter als auch in der Rolle des Wildschweins. Lijljana Winkler (Frau Bittermandel/Frau Knochen) ist eine koloraturblitzende, kokette Strippenzieherin mit eiskalter Höhe. Lukas Kargl gibt den König als einfältigen Kauz mit Hundepantoffeln und Dackelblick, während Neal Banerjee Lassos suizidgefährdeten Kameraden Galgenvogel als hell timbrierten Hasenfuß zeichnet. Die Chöre (Einstudierung: Hae-Kyung Jung, Lukas Grimm) werden spielerisch eingebunden. Das Zusammenwirken von Jung und Alt auf und vor der Bühne gelingt ohne Brüche, das Timing der gesprochenen Dialoge ist nahezu perfekt.

Über 70 Mitwirkende hat die eigentlich auf Kammeropern spezialisierte Young Opera Company, die ab Dezember in Opera Factory Freiburg umgetauft wird, bei dieser Jubiläumsproduktion zum Singen und Spielen gebracht - und zu einem kleinen Gesamtkunstwerk vereinigt.

Weitere Termine, 24./25./26. Oktober 2014, jeweils 19 Uhr (Werkeinführung: 18.15 Uhr), E-Werk Freiburg.

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