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Friedrich Silcher.
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Wegbereiter des Gesangs – Friedrich Silcher vor 225 Jahren geboren

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Er hat die Loreley besungen, „Muss i denn zum Städtele hinaus“ bekanntgemacht und das Weihnachtslied „Alle Jahre wieder“ komponiert: Viele Melodien von Friedrich Silcher kennt auch nach zwei Jahrhunderten noch jedes Kind. An diesem Freitag (27. Juni) wäre der große Volkslied-Komponist und Wegbereiter der Laienchöre 225 Jahre altgeworden. Für die Gesangvereine in Deutschland gehört er weiterhin fest zum Repertoire. Und doch droht Silcher allmählich etwas aus der Mode zu geraten. Denn die Zeiten, als die Kinder bei jedem Schulausflug aus voller Kehle Silcher-Lieder geschmettert haben, sind längst vorbei.

„Silcher war kein Genie wie Mozart oder Mendelssohn, sondern ein volkstümlicher Musiker und Pädagoge“, sagt Rudolf Veit, der maßgeblich für die Ausstellung im Silcher-Geburtshaus in Weinstadt verantwortlich ist. „Es ging ihm darum, mit einfachen Liedern den Volksgesang zu fördern.“ Seine Melodien trafen damals genau den Zeitgeist und wurden mit der gerade aufstrebenden Laienchor-Bewegung weithin bekannt.

Hunderte Lieder hat Silcher komponiert und unzählige weitere bearbeitet und sie in die heute bekannte Form gebracht. „Der Mai ist gekommen“, „Am Brunnen vor dem Tore“, „Ich hatt' einen Kameraden“ oder „Jetzt gang i ans Brünnele“ stammen von ihm. „Das sind auch heute noch Gassenhauer“, sagt Eckhart Seifert, Präsident des Schwäbischen Chorverbands. „Fast jeder Chor hat einige Lieder von ihm im Repertoire.“

Was Silcher bis heute so einzigartig mache, sei die Einfachheit seiner Musik. „Die Schule, die Kirche und die Familie - das waren die drei Bereiche, in denen er den Gesang fördern wollte“, sagt Veit. „Er hat seine Noten auch immer in günstigen Heften veröffentlicht, damit jeder sie sich leisten konnte.“ Das mag auch daran liegen, dass Silcher selbst aus einfachen Verhältnissen kam.

Geboren wurde er am 27. Juni 1789 als Sohn des Dorflehrers in Schnait, einem heutigen Ortsteil von Weinstadt im Remstal. Sein Vater verdiente sich als Organist in der Kirche ein bisschen Geld dazu, und auch Friedrich zeigte schon früh sein musikalisches Talent.

Nach der Schule wollte Silcher nicht nur Musiker, sondern vor allem Pädagoge sein. Er begann eine Ausbildung zum Lehrer und interessierte sich für moderne Erziehungsmethoden. „Die übliche Erziehung des 18. Jahrhunderts hatte er selbst mitbekommen. Nun wollte er die Kinder im Sinne der Reformpädagogen ganzheitlich betrachten“, sagt Veit.

Während seiner Ausbildung fand er Lehrmeister, die zugleich sein musikalisches Talent förderten. 1817 kam er nach Tübingen, wo er bis kurz vor seinem Tod Musikunterricht für angehende Pfarrer gab. 1826 veröffentlichte er dort seine ersten Volksliedsammlungen und eigene Kompositionen. „Volkslieder waren damals noch reine Texte, genau wie Gedichte. Silcher war einer der ersten, der Melodien zu diesen Volksliedern fand“, erzählt der Experte.

Damit traf er den Zeitgeist. Von der Schweiz her breitete sich gerade die Sängerbewegung in Deutschland aus. „Silcher hat den vielen Chören singbares Material gegeben und mit seinen Liedern etwas geschaffen, was damals modern war“, sagt Veit. So wurde der Komponist zu einem Wegbereiter der unzähligen Gesangvereine, die sich überall gründeten.

Bis kurz vor seinem Tod lehrte und komponierte Silcher in Tübingen, wo er am 26. August 1860 im Alter von 71 Jahren starb. In seinem Geburtshaus verwahrt der Schwäbische Chorverband heute ein Archiv mit mehr als 1000 Handschriften und Drucken von Silchers Werk. Vieles davon ist in der umfangreichen Ausstellung zu sehen.

Aber seine Lieder liegen nicht nur im Archiv. Selbst Chöre mit vielen jungen Leuten, die sonst eher Pop und Rock im Repertoire haben, griffen immer wieder auch auf Silcher zurück, sagt Seifert. „Die Themen seiner Musik sind ja immer noch die gleichen wie heute: Liebe, Abschied, Trauer, Leid und Tod. Und wenn Chöre nach einem gelungenen Konzert eine Silcher-Zugabe singen, dann rundet das alles ab.“

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