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Wünsche stehen für das Prinzip Hoffnung

Untertitel
Geschenktipps für Weihnachten – die Redaktion der nmz empfiehlt Bücher und CDs
Publikationsdatum
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Wish You. Best Christmas Ever, hrsg. von Renate Heilmeier, Trikont, US-0377, 15,00 j

Die etwas andere – und das ist wohltuend – Weihnachts-CD des Münchner Kultlabels Trikont versammelt Kurioses aus den USA zwischen Swing, Blues und Country. Weihnachtsmuffel kommen hier auf ihre Kosten. Besonders köstlich: Nancy Whites „It‘s So Chic To Be Pregnant At Christmas“.
Ursula Gaisa

Terezin – Theresienstadt; Anne Sofie von Otter, Bengt Forsberg, Christian Gerhaher, Daniel Hope; Deutsche Grammophon, 00289 477 6546

Terezin – Theresien-stadt galt als Vorzeige-KZ der Nazis: Es konnten – so lange man sie leben ließ – Musiker und Komponisten in begrenztem Rahmen arbeiten. Der Mezzo-Sopranistin Anne Sofie von Otter ist zusammen mit Bariton Christian Gerhaher, Bengt Forsberg (Klavier) und Daniel Hope (Violine) eine teils anrührende, teils erschütternde Dokumentation gelungen, die manch beängstigendes Fenster in unsere Spass-Gesellschaft öffnet. Kabarett, laute und leise Klage – arrondiert von Erwin Schulhoffs Solo-Violinsonate – die Deutsche Grammophon legt eine hochklassige, klug kompilierte Edition vor für eine gute Stunde atemloses Zuhören – und längeres Nachdenken auch Tage später.
Theo Geißler

Misha Aster: Das Reichsorchester. Die Berliner Philharmoniker und der Nationalsozialismus, Siedler, München 2007, 21,95 €, ISBN 978-3-88680-876-2

Die Geschichte der Berliner Philharmoniker in der Zeit des Nationalsozialismus wird hier klar, unaufgeregt und dennoch erschütternd, weniger wertend als berichtend erzählt. Ein durch und durch demokratisches Orchestergefüge verwandelte sich in den Erfüllungsgehilfen der Herrschenden und nutzte dabei alle sich bietenden Möglichkeiten zur Erhaltung und Aufwertung des musikalischen und gesellschaftlichen Profils. Gut lesbar und höchst informativ.
Barbara Haack

Alfred Hagemann & Elmar Hoff (Hg.): „Insel der Träume“ – Musik in Gronau und Enschede 1895-2005, Klartext Verlag, Essen 2006, 25,00 €, ISBN 978-3-89861-620-1

So kann Sozial- und Kultur und Regionalgeschichte gemacht werden, wie sie lebendiger, investigativer und erhellender nicht sein kann, zumal in einer deutsch-niederländischen Doppelansicht ohne Scheuklappen.
Martin Hufner

So what?! Friedrich Gulda. DVD Deutsche Grammophon 00440 073 4376

„Im Grunde ist meine ganze Existenz, seit es sie gibt, ein Skandal.“ Friedrich Guldas bewegtes musikalisches Leben zwischen Konzertsaal und Jazzclub, Beethoven-Exegese und Wiener Schmäh à la Golowin, strenger Mozart-Interpretation und Paradise Island: All dies ist in Benedict Mirows und Fridemann Leipolds Porträtfilm eingefangen. Gulda kommt ausführlich zu Wort, persönlich, oder aus dem Off, gelesen von Ulrich Mühe. Eine weitere knappe Stunde mit Konzertausschnitten (darunter eine hinreißende Bearbeitung von Schuberts „Wanderer“) und ein Interview mit Joachim Kaiser ergänzen die ebenso gehaltvolle wie unterhaltsame Scheibe.
Juan Martin Koch

Pannonica de Koenigswarter: Die Jazzmusiker und ihre drei Wünsche. Fotografiert und notiert von Baronesse Pannonica de Koenigswarter, übersetzt von Michael Müller, Philipp Reclam jun., Stuttgart 2007, 320 Seiten, 200 Abb., 34,90 €, ISBN 978-3-15-010653-2

Jedes Kind kennt sie: Die drei Wünsche sind ein legendäres Märchenmotiv bei den Gebrüdern Grimm, aber auch in der romantischen Märchendichtung bei J.P. Hebbel. Mal ist es Gott, mal ein kleines Männchen, mal eine Fee, die den Menschen drei Wünsche spendiert. Im vorliegenden Buch ist es die Baronesse Pannonica de Koenigswarter. Ihr Salon war in den fünfziger und sechziger Jahren Zuflucht und Treffpunkt der New Yorker Jazzszene.
Von vielen ihrer Besucher schoss Pannonica Fotos, und eines Tages begann sie, allen die Frage nach ihren drei Wünschen zu stellen. Fotos und Wünsche sind in einem geschmackvoll aufgemachten Bildband versammelt, mit einem Vorwort von ihrer Enkelin Nadine de Koenigswarter. Weit über 200 Musiker gaben Antwort, darunter Theolonius Monk, Charlie Parker, Charles Mingus, Miles Davis und viele mehr. Fazit: Wünsche sind nicht dazu da, in Erfüllung zu gehen. Aber sie stehen auf poetische, melancholische und manchmal auch verzweifelte Weise fürs Prinzip Hoffnung.
Andreas Kolb

Stefan Maelck: Pop essen Mauer auf, rowohlt, Berlin 2006, gebunden 146 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-87134-550-0, broschiert 160 Seiten, 7,90 €, ISBN 978-3-49924-644-9

Wussten Sie schon, wer Elvis Presley (alias Elvira Prassler) in die Lage versetzte, die Nachkriegsgeneration der westlichen Welt mit seinem (ihrem) legendären Hüftschwung bis zur Raserei zu bringen? Die Staatssicherheit der jungen DDR! Die baute ihm nämlich die Hüfte Margot Honeckers ein, der Vorturnerin des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Das findet der investigative Musikjournalist Ludger Bauer beim Studieren der verloren geglaubten Hartholz-Akte heraus und macht eine Entdeckung, die die gesamte Pop-Geschichte auf den Kopf stellt. Popmusik ist nämlich eine perfide Ausgeburt der DDR, die nur dem Zweck dienen sollte, die Jugend der kapitalistischen Welt aufzuwiegeln und somit das feindliche System von innen aufzuweichen.
Barbara Lieberwirth

Max Rostal: Violin-Schlüssel-Erlebnisse. Erinnerungen. Mit einem autobiografischen Text von Leo Rostal. Herausgegeben und bearbeitet von Dietmar Schenk und Antje Kalcher. Ries & Erler, Berlin 2007, 16,80 €, ISBN 978-3-87676-014-8

In dieser unvollendeten, weil nur die erste Halbzeit umfassenden Doppelbiographie von Max Rostal und seinem vier Jahre älteren Bruder, dem Cellisten Leo Rostal, rollt das unstete Leben und Wirken eines der bedeutendsten Geigers unserer Jahre vom Wunderkind bis zum Virtuosen und gefragten Pädagogen ab. Einer der Exkurse führt in Fleschs Laboratorium, zugleich eine Hommage auf diesen seinen Lehrer, andere durchstreifen die wechselreichen heiter-ernsten Stationen des Entbehrens und des Erfolges von der tschechisch-ungarischen Heimat über Wien, Berlin, Oslo bis zur Emigration nach London. Rostals Erfahrungen und Erlebnisse mit einer Legion namhafter Musiker des 20. Jahrhunderts sind ein spannendes Dokument bewegter und bewegender kulturpolitischer Zeitgeschichte.
Eckart Rohlfs

Dominique Xardel: Idil Biret. Eine türkische Pianistin auf den Bühnen der Welt (mit CD), Staccato-Verlag, Düsseldorf 2007, 247 Seiten, 20,00 €, ISBN 978-3-93297-631-5

Eine einzigartige Musikerin, recht unbekannt, weil sie sich nie andienerte, kompetent, klug, scharfsichtig, kritisch. Xardel stellt 1.000 Fragen, die Substanz kommt von Biret.
Reinhard Schulz

Milan Turkovic: Was Musiker tagsüber tun. Wissenswertes und Amüsantes aus der Welt der Musik, Kremayr & Scheriau, Wien u.a. 2007, 189 Seiten, Abb., Notenbsp., 19,90 €, ISBN 978-3-218-00777-1

Star-Fagottist, Dirigent und Musikschriftsteller – Turkovic berichtet mit leichter Feder und einem außergewöhnlich reichen Erfahrungshintergrund aus der sonderbaren und zugleich unvergleichlich faszinierenden Welt der Orchestermusiker. Eine vergnügliche und sehr informative Lektüre für jeden Konzertbesucher, in der das Themenspektrum von eher technischen Bereichen wie dem Ablauf einer CD-Produktion bis zu so manchen Einblicken in das Seelenleben der Künstler reicht.
Michael Wackerbauer

 

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