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2012 löste Marcel Mok seinen im Jahr zuvor gewonnenen Sonderpreis ein: Er war als Solist im Begrüßungskonzert des 49. Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ in Stuttgart eingeladen worden. Foto: Erich Malter.
2012 löste Marcel Mok seinen im Jahr zuvor gewonnenen Sonderpreis ein: Er war als Solist im Begrüßungskonzert des 49. Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ in Stuttgart eingeladen worden. Foto: Erich Malter.
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Wertvolle Erfahrungen, neue Perspektive

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Der Pianist Marcel Mok war beim Wettbewerb Tonali als Junior-Juror eingeladen
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Um begabte Kinder zu finden und zu fördern, hat „Jugend musiziert“ in der musikalischen Landschaft Maßstäbe gesetzt: Ein über mehrere Runden ausgetragener Wettbewerb, die Jury-Zusammensetzung aus qualifizierten Fachleuten, ein ausgeklügeltes Bewertungssystem, die Beratungsgespäche und schließlich die Tatsache, dass sich an die Wettbewerbsphase eine umfassende, auf Langfristigkeit angelegte Förderung der jungen Muskerinnen und Musiker anschließt, all das sind Module, die viele später gegündete Wettbewerbe ebenfalls erfolgreich einsetzen, übrigens auch einige außerhalb des musikalischen Bereichs.

Die anschließende Förderung so vieler herausragender Musikerinnen und Musiker gelingt deshalb verlässlich, weil „Jugend musiziert“ zum Zentrum eines dichten Netzwerks von Partnerorganisationen wurde. Das beginnt mit Einrichtungen unter dem Dach des Deutschen Musikrates, wie dem Deutschen Kammermusikkurs und dem Bundesjugendorchester, findet seine Fortsetzung in Einrichtungen der Landesmusikräte und erstreckt sich auf die Angebote Dritter. Seit 2015 gehört auch der Wettbewerb „Tonali“ zu den institutionellen Partnern von „Jugend musiziert“. „Tonali“ besteht aus den Elementen Wettbewerb und Musikvermittlung, letzteres geschieht von Jugendlichen für Jugendliche. Im jährlichen Wechsel werden Klavier, Violine und Violoncello ausgeschrieben, angesprochen werden Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland, eine Vorjury sichtet und bewertet die eingegangenen Bewerbungen, in der Endrunde musizieren dann 12 Instrumentalisten um attraktive Geldpreise.

Als Partner von Tonali kann „Jugend musiziert“ einen Wettbewerbsteilnehmer vorschlagen, der dann ohne Vorausscheide auf direktem Weg am Finale teilnimmt. Überdies wird auf Vorschlag einer innerhalb des Beirates von „Jugend musiziert“ berufenen Auswahlkommission ein so genannter Junior-Juror nominiert. Als 2016 der Tonali-Wettbewerb für Klavier ausgetragen wurde war, erhielt der mehrfache Bundespreisträger Viktor Soos aus Lübeck ein Freilos und machte seine Sache so gut, dass er am Ende mit einem 2. Preis ausgezeichnet wurde.

Die ihm bis dahin nicht vertraute Rolle des Junior-Jurors wurde dem knapp 22-jährigen Stuttgarter Marcel Mok zu teil, herausragender Pianist und ebenfalls mehrfacher Bundespreisträger „Jugend musiziert“. Marcel Mok verbringt aktuell ein Erasmussemester am Conservatoire Nationale Supérieur de Musique de Paris. Susanne Fließ sprach mit ihm über seine Erfahrungen als Junior-Juror.

neue musikzeitung: Marcel, wie lief der Wettbewerb denn ab?

Marcel Mok: Der einwöchige Wettbewerb bestand aus drei Vorrunden, aus denen die Jury die drei Finalisten aus den zwölf Teilnehmern für das Finale mit der Bremer Kammerphilharmonie in der Hamburger Laiszhalle ermittelte. In diesen drei Runden wurde uns ein abwechslungsreiches Repertoire präsentiert. Vorrunde A bestand aus einem frei wählbaren Programm und der Gewinnerkomposition des vorjährigen Kompositionswettbewerbs, Steven Heeleins „Veitstanz“. Ein tolles Stück, in dem man auch nach dem zwölften Hören immer wieder etwas Neues entdecken konnte.

Vorrunde B war ein Moderationskonzert, das die Teilnehmer zu einem von ihnen gewählten Thema frei gestalten konnten. Die Kreativität die hierbei zu Tage trat, hat uns in der Jury sehr beeindruckt.

Diese Runde wurde zusätzlich von einer etwa 20-köpfigen Schülerjury bewertet, die anschließend einen Sonderpreis für die überzeugendste Präsentation vergeben durfte. In der Vorrunde C gab es zudem noch eine Beethoven Sonate und ein weiteres Werk des 21. Jahrhunderts.

nmz: Worin bestand Ihre Aufgabe im Einzelnen?

Mok: Meine Aufgabe bei Tonali ermöglichte es mir sämtliche Entscheidungsprozesse des Wettbewerbs mitzuverfolgen. Zudem wurde ich in organisatorische und fachliche Diskussionen der Jury einbezogen, auch wenn ich letztendlich für die eigentliche Bewertung der Teilnehmer kein Stimmrecht besaß.

nmz: Welche persönlichen Erkenntnisse haben Sie aus den Wettbewerbstagen gezogen?

Mok: Ich nutzte die Wettbewerbsbeiträge durchaus, um mir Gedanken zu machen wie und nach welchen Kriterien ich die Teilnehmer, die ja kaum jünger waren als ich, am besten bewerten würde. Spannend war für mich beispielsweise die Tatsache, dass ich viele von ihnen persönlich kannte. So stellte sich für mich die Frage, inwieweit persönliche Beziehungen bei der Bewertung unbewusst eine Rolle spielen können und wie man dies möglichst gut objektivieren kann. Zudem fand ich es interessant mitzuerleben, ob Stimmungen oder der Grad der Aufmerksamkeit, die sich innerhalb des mehrstündigen Zuhörens an einem Tag ja immer wieder ändern, das eigene Urteilsvermögen beeinflusst.

nmz: An welchen Stellen im Wettbewerb gab es Diskussionsbedarf innerhalb der Jury?

Mok: Wie man die Moderationsbeiträge in der zweiten Vorrunde miteinander vergleicht und sie am Ende gewichtet, war uns nicht immer ganz klar, denn sie wurden von den Teilnehmern sehr individuell und unterschiedlich gestaltet. Dass ich mit solchen Fragen nicht alleine war und wir uns innerhalb der Jury in den Pausen oder an der abendlichen Bar unter anderem auch über solche „Probleme“ austauschten war mir eine große Hilfe. Zudem half mir der direkte Vergleich zwischen den Wettbewerbsbeiträgen recht schnell, Kriterien zu entwickeln, worauf ich beim Zuhören und Spielen besonders viel Wert legte und worin meine Prioritäten für die Bewertung lagen.

nmz: Das Abstimmungs- und Entscheidungsverfahren bei Tonali soll für Zuschauer und Teilnehmer transparent sein. Das ist für die Beteiligten sicherlich nicht immer einfach.

Mok: Ja, das war für die Juroren und die Teilnehmer eine zusätzliche Herausforderung. Die Juroren mussten nach den drei Vorrunden und nach dem Finale einzeln öffentlich bekanntgeben für wen sie gestimmt hatten. Als es in einem Fall zu einer Pattsituation kam, gab es noch einmal eine öffentliche Stichwahl. Dies war für die Jury und die Teilnehmer, wie ich einigen Gesprächen entnehmen konnte, nicht leicht zu verkraften. Trotzdem wurde die Idee hinter diesem Konzept, den Entscheidungsprozess für alle zugänglich zu machen, weitestgehend positiv begrüßt und ich bin gespannt wie es sich weiter entwickelt.

nmz: Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit als Junior-Juror mit?

Mok: Alles in allem war die Woche bei Tonali ein Erlebnis, auf dass ich auf keinen Fall verzichten möchte. Die vielen Musikbeiträge und die intellektuelle und emotionale Auseinandersetzung damit waren für mich horizonterweiternd und haben meine Sicht auf Wettbewerbe sowie und Beurteilungen von künstlerischen Leistungen sicherlich beeinflusst. Dafür möchte ich mich bedanken: Dem Deutschen Musikrat für meine Nominierung, meinen Jurykollegen für ihr immer offenes Ohr, den Verantwortlichen von Tonali, und besonders meiner herzlichen Gastfamilie in Hamburg. 

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