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Frankfurt am Main: Kein Platz und kein Geld für Schopenhauer

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Frankfurt/Main - Zum 150. Todestag von Arthur Schopenhauer läuft derzeit im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte eine viel besuchte Ausstellung über Werk und Leben des weltbekannten Philosophen. Doch so beeindruckende Exponate wie Schopenhauers Testament oder sein Reisetagebuch von 1803 drohen nach Ende der Ausstellung im Februar wieder in den Katakomben des Schopenhauer-Archivs zu verschwinden.

Denn ein Schopenhauer-Museum gibt es in Frankfurt, wo der Denker die meiste Zeit seines Lebens verbrachte und begraben liegt, sehr zum Unwillen der Schopenhauer-Gesellschaft nicht. «In seiner Geburtsstadt Danzig gibt es drei Häuser, die an Schopenhauer erinnern, in Frankfurt, wo er 27 Jahre gelebt hat, kein einziges. Das ist doch blamabel», ärgert sich der Frankfurter Vorsitzende der Schopenhauer-Gesellschaft, Thomas Regehly.

Der 54-Jährige kämpft seit Jahren um ein Schopenhauer-Haus in Frankfurt. Bereits in den 1980er Jahren wollte die Schopenhauer-Gesellschaft ein international agierendes Forum zur Erforschung des Philosophen in einer Villa im Westend ein Museum einrichten. Doch die Verhandlungen mit der Stadt blieben ohne Ergebnis. Regehly selbst wagte im Mai 2007 einen erneuten Vorstoß und schrieb Kulturdezernent Felix Semmelroth einen Brief, in dem er eindringlich für ein Schopenhauer-Haus warb und um einen Gesprächstermin bat. «Auf den Brief habe ich nie eine Antwort erhalten», klagt er.

Als Grundstück hatte Regelhy eine jahrelang klaffende Baulücke in der «Schönen Aussicht» im Visier, dort wo Schopenhauer über 20 Jahre wohnte. Mittlerweile plant ein Investor dort ein Hotel, gegen das sich auch Anwohner stellen und sich stattdessen für ein Schopenhauer-Haus stark machen. Doch die Stadt hat dafür kein Geld. «Ein Schopenhauer-Haus mit öffentlichen Geldern ist derzeit nicht machbar», sagt die Sprecherin des Kulturdezernats, Kirsten Grote-Bär, und verweist darauf, dass ja auch «ein gescheites Konzept» für ein solches Museum notwendig wäre.

Doch solch ein tragfähiges Konzept könnte die derzeit laufende Ausstellung im Karmeliterkloster bieten. In der Schau sind nicht nur private Utensilien Schopenhauers ausgestellt, sondern vor allem viele spielerische Bezüge zu den Arbeiten des Philosophen erkundbar. In Installationen und Hörstationen können sich die Besucher mit den Lehren Schopenhauers auseinandersetzen. Die Ausstellung sei daher vor allem auch bei Schulklassen sehr beliebt, sagt Kurator Michael Fleiter. Die Motive der Ausstellung als Grundstock für eine dauerhafte Schopenhauer-Schau zu nutzen, fände Fleiter «wunderbar».

Schopenhauer-Experte Regehly ist sich sicher, allein mit Exponaten privater Sammler ein Museum bestücken zu können. «Wir brauchen nur ein Haus», sagt Regehly. Grote-Bär vom Kulturdezernat hält dem entgegen, dass die Betriebskosten für ein solches Museum zu hoch seien und verweist darauf, dass auch die Frankfurter Museen zu Goethe und Struwwelpeter-Autor Heinrich Hoffmann seinerzeit durch private Initiativen entstanden seien. «Wir würden dafür ja Gelder einwerben, aber die Stadt blockt ab, und ganz ohne öffentliche Resonanz geht es nicht», kontert Regehly.

Dabei könnte ein Schopenhauer-Museum in Frankfurt auch viele ausländische Touristen anlocken und so wieder für Einnahmen sorgen. Gerade bei den reisefreudigen Japanern gilt Schopenhauer neben Kant und Descartes als der bedeutende europäische Philosoph überhaupt. «Eine Zielgruppenvermarktung für Schopenhauer könnte ich mir schon vorstellen», sagt Thomas Feda, Geschäftsführer der städtischen Tourismus+Congress GmbH.

Doch derzeit sieht alles danach aus, als würden die Motive und Aufbauten der Schopenhauer-Ausstellung Ende Januar entsorgt und die kostbaren Exponate wieder im Archiv landen. «Die Sachen einzulagern, ist ja lachhaft», zürnt Regehly.