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Liebe, Luxus und Gier: «Manon Lescaut» feiert Premiere in Baden-Baden

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Baden-Baden - Luxus oder Liebe - die junge Manon ist hin- und hergerissen. Eigentlich war ihr ein Leben hinter Klostermauern vorbestimmt, doch sie wird zur Femme fatale und Geächteten. Kurzum: Giacomo Puccinis «Manon Lescaut» bietet alles, was eine tragische Operngeschichte braucht. Mit großem Beifall ist die Premiere der Neuinszenierung am Festspielhaus Baden-Baden unter der Regie von Sir Richard Eyre und der musikalischen Leitung von Sir Simon Rattle am Samstagabend gewürdigt worden.

 
 
Das Publikum feierte vor allem die beiden Solisten Eva-Maria Westbroek in der Rolle der Manon und Massimo Giordano als Geliebter, Chevalier Des Grieux, mit anhaltendem Applaus und Bravorufen. Die Inszenierung ist eine Koproduktion mit der New Yorker Metropolitan Opera. Dort wird das Stück in zwei Jahren zu sehen sein. Chefdirigent Rattle ist mit seinen Berliner Philharmonikern damit zum zweiten Mal bei den Osterfestspielen in der Kurstadt am Rande des Schwarzwaldes.
 
Das Libretto für das Stück, dem Puccini seinen ersten großen Erfolg verdankte, folgt der Novelle «L'Histoire du chevalier des Grieux et de Manon Lescaut» von 1731 von Abbé Prévost. Doch Eyre hat seine Inszenierung von der Zeit ihrer literarischen Vorlage, dem dekadenten Frankreich des 18. Jahrhunderts, gelöst. Stattdessen spielt die Oper im Frankreich der 1940er Jahre unter deutscher Besatzung.
 
Das opulente Bühnenbild von Rob Howell bringt den historischen Kontext zum Ausdruck. Es bietet eine der größten Kulissen, die das Festspielhaus jemals gesehen hat. Soldaten patrouillieren an den überdimensionalen und zerbombten Pariser Hausfassaden. Gigantische Treppen, eine Wüste sowie einen Hafen und ein ganzes Schiff fasst die Bühne. Die Kostüme (Fotini Dimou) fügen sich dem Zeitgeist.
 
Geld oder Liebe - genau diese Frage hat Puccini in «Manon Lescaut» auf die Bühne gebracht. Die Oper handelt von einer französischen «Dreiecksbeziehung»: vom Mädchen Manon, das unentschlossen ist zwischen ihrer Liebe zu dem armen Studenten Des Grieux und dem Wunsch nach Reichtum - etwa durch ihre Liebschaft mit dem reichen Steuereintreiber Geronte de Ravoir. Die liebenswerte, aber schwache Manon wird Opfer ihrer eigenen Leidenschaft für Prunk und Reichtum.
 
Die klangvolle und sinnliche Musik der Berliner Philharmoniker macht diese Leidenschaft spürbar - vor allem die des jungen Des Grieux, der sich unsterblich in die bürgerliche Manon verliebt. Doch die Sache geht nicht gut aus: Manons Bruder arrangiert eine Liaison mit dem reichen De Ravoir - und bietet so der lasterhaften Schwester das ersehnte Leben im Luxus. Erst zu spät erinnert sich Manon an die einfache, aber glückliche Zeit mit Des Grieux.
 
Der niederländischen Sopranistin Westbroek und dem Italiener Giordano gelang es, der verzweifelten Liebe anrührend Ausdruck zu verliehen. Die weiteren Solopartien übernahm ein international renommiertes Solistenensemble: Liang Li (Geronte de Ravoir), Lester Lynch (Soldat und Lescauts Bruder), Reinhard Dorn (Wirt und Seekapitän), Magdalena Kožená (Musikant) und Kresimir Spicer (Ballettmeister).
 
Die Oper war 1893 in Turin uraufgeführt worden und brachte Puccini den internationalen Durchbruch. Danach folgten seine großen Klassiker «La Bohème» (1896), «Tosca» (1900) und «Madama Butterfly» (1904). 
 
Jonas Schöll
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