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Schere im Kopf - Kreuzchor streicht Lied für China-Reise [update, 4.11.]

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Dresden - Der Dresdner Kreuzchor hat das berühmte Lied «Die Gedanken sind frei» für eine China-Tournee vom Programm genommen. Auf Empfehlung der deutschen Agentur, die die sechs Konzerte in China veranstaltet hatte, habe der Knabenchor auf das Lied verzichtet, sagte ein Sprecher am Mittwoch.

 

Er bestätigte damit einen Bericht der «Bild»-Zeitung. Alle Liedtexte hätten vorab als Übersetzung vorgelegt werden müssen. Die Konzertagentur sei davon ausgegangen, dass das Freiheitslied aus dem 18. Jahrhundert, in dem vom «dunklen Kerker» und Gedankenfreiheit die Rede ist, von den Behörden abgelehnt wird. Chorleiter Peter Kopp habe daraufhin beschlossen, das Lied nicht aufzuführen. Bei seiner ersten China-Reise habe der Chor einen Eklat vermeiden wollen.

 

[update, 4.11.]

Der deutsche Musikrat regierte auf die Selbstzensur des Kreuzchores folgendermaßen:

Die Gedanken sind frei – oder etwa nicht?

Der Dresdner Kreuzchor hat für seine gerade beendete China-Tournee das Lied „Die Gedanken sind frei“ kurzfristig aus dem Programm gestrichen. Grund hierfür war die Sorge der Konzertagentur, dass das Freiheitslied aufgrund seiner Inhalte von den chinesischen Behörden abgelehnt und damit die Tournee gefährdet werde. Zur Vermeidung eines vermuteten Eklats hatte sich Chorleiter Peter Kopp daraufhin entschlossen, das Lied nicht aufzuführen.

Hierzu Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates: „Die Reaktion von Chorleiter Peter Kopp ist ein Kniefall vor der autoritären Regierung der Volksrepublik China. Musik ist so tief in unserer Geschichte, den Traditionen und unserer heutigen Gesellschaft verwurzelt, dass sie immer auch politische Botschaften mittransportiert. Es ist fatal zu versuchen, im vorauseilenden Gehorsam diese gesellschaftspolitische Dimension zu leugnen und die Musik damit aus ihrem politischen Kontext zu reißen. Gerade ein Leuchtturm Kultureller Vielfalt wie der Dresdner Kreuzchor ist neben seiner künstlerischen Exzellenz auch immer Botschafter des in Deutschland gelebten Wertesystems. Es ist schockierend, wenn der künstlerische Erfolg einer Tournee über das Grundverständnis unserer freiheitlich-demokratischen Werte gestellt wird. Freiheit darf nicht verhandelbar sein – auch und gerade in der Kultur.“

Berlin, 04. November 2013


 

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