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Jean Huré, der Unbekannte: Kammermusik beim Label „timpani“

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Hierzulande vollkommen unbekannt gehört Jean Huré (1877–1930) auch in seiner französischen Heimat zu den vergessenen Komponisten einer überaus produktiven Generation. Einen Namen machte er sich allenfalls durch sein Orgelspiel und als Herausgeber einer Zeitschrift. Als Komponist aber bevorzugte er die Oper wie auch das sinfonische und kammermusikalische Repertoire – eine Entdeckungsreise.

Das 1996 in Paris gegründete Label „timpani“ galt lange Zeit als Geheimtipp unter Insidern. Denn anders als in manch anderem Katalog findet man hier nicht nur einzelne „Ausgrabungen“ aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die sich bequem vermarkten lassen, sondern ein wahres Füllhorn an musikalischer Literatur, die nach langer Zeit wieder zum klingen gebracht wird – es sei nur an die qualitativ hochwertigen Einspielungen zahlreicher Werke von Jean Cras, Paul le Flem und Gabriel Pierné erinnert. Nun steht mit zwei Kompositionen von Jean Huré weiteres „Neuland“ an: eine auf vier Sätze angelegte Violinsonate (1900/01), die mit einer Spielzeit von 40 Minuten sinfonisches Gewicht beansprucht, und ein zyklisch disponiertes einsätziges Klavierquintett (1907/08).

In beiden (Jugend-) Werken erweist sich Huré, der sich autodidaktisch bildete, als technisch überaus versiert und stilistisch vollkommen auf der Höhe der Zeit. Mehr noch: stärker als mancher seiner Zeitgenossen akzentuierte er (vertraut aus dem Orgelspiel) ältere harmonische Wendungen und kontrapunktisch durchdrungene Passagen – und verleiht seinen Werken damit eine bemerkenswerte Individualität (so beispielsweise zu Beginn des Klavierquintetts). Als Mitglied der „Société musicale indépendante“ soll Huré später polytonale Elemente verwendet haben, so in zwei Streichquartetten und einer Klaviersonate. Hier darf man auf weitere Einspielungen hoffen.

Das Quatuor Louvigny mit seinem Primarius Philippe Koch sowie die Pianistin Marie-Josèphe Jude haben sich mit großem Engagement zum Anwalt der Werke gemacht – und treffen mit ihrem lyrisch geprägten weichen Ton, einem sicheren Gespür für harmonische Wirkungen und Details der Stimmführung den Nerv der Musik. Dass es für einen fünften Stern nicht gereicht hat, liegt an der unglücklichen, topfig-trockenen Akustik der Einspielung, in der sich der Klang der angenehm direkt abgebildeten Instrumente kaum entfalten kann.

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