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Foto: Pocket Opera Nürnberg
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Lady Di und ihre Mörder-Paparazzi: Thomas Arnes spätbarocke Oper „The Masque of Alfred“ als „Mystery of the Monastery“ bei der Pocket Opera Nürnberg

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Ins England des Jahres 871 führt die Handlung der Oper „The Masque of Alfred“ des Händel-Zeitgenossen Thomas Augustine Arne (1710–1778), mit einer Hommage auf Alfred den Großen. Die lange vergessene Oper hatte die Pocket Opera Nürnberg als „Mystery of the Monastery“, kurz „M.O.M.“, angekündigt. Die „Masque“ wird als eine königliche Maskerade, quer durch die Zeiten, gedeutet.

Im Hof des Schlosses Burgfarrnbach bei Fürth, seit einigen Jahren Spielstätte sommerlicher Open-Air-Aufführungen, agieren die Sängerdarsteller in schwarzen Kostümen mit zumeist weißen Attributen. Weiß sind auch ihre Requisiten, etwa flache Gewehrattrappen. Auf der leeren, schwarz ausgeschlagenen Bühne unter einem Zeltdach, werden die jeweiligen Schauplätze der Handlung durch ausgeschnittene Beistiftskizzen an Stangen signalisiert. Die spätbarocke Abfolge von Affekten zwischen Liebe und Verzweiflung, Kämpfen zu Land und einer Schlacht zur See, erfolgt in englischer Sprache. Geschichtsschreiber in goldenen Umhängen vermitteln auf Deutsch kurz die im Spiel selbst kaum ersichtlichen Zusammenhänge.

Bis auf den alle Aktionen stets unerbittlich unterbrechenden Five-o-clock-Tea als running Gag, wirkt die Handlungsführung, trotz eines Sprechquartetts und einer Lachorgie des Ensembles, arg redundant. Dies ändert sich erst nach der Pause: mit britischen Flaggen kommt erstmals Farbe ins Spiel; Tilman Heckers Inszenierung schlägt den Bogen in das 20. Jahrhundert und bis in die jüngste Vergangenheit – hilfreich unterstützt durch eingeschobene, Dialoge der Royalisten in deutscher Sprache. Da feiern die derzeit regierende Queen Elizabeth und ihr Gatte Philipp, sowie Charles, auf barocke Weise mit Staatsansprachen fröhliche Urständ, Diana wird von Paparazzi mit blitzenden Fotoapparaten zu Tode gejagt und Kate bereitet sich auf ihre Rolle als künftige Queen of England vor.

Die Sopranistinnen Gertrud Demmler-Schwab, Eva Marie Pausch und Susanne Breu, der Counter Johannes Reichert, der Bariton Robert Eller und der Tenor Florian Neubauer verkörpern die wechselnden Identitäten bei sommerlichen Extremtemperaturen großenteils mehr zuverlässig als prachtvoll. Erstklassig jedoch der solistische Instrumentalklangkörper, für den Franz Killer „The Masque of Alfred“ höchst originell orchestriert hat. Insbesondere die Melodieverteilung – im Wechsel von Pauken, Xylophon, Glockenspiel und Hackbrett – zu den Harmoniestimmen, mit vier Saxophonen, Cello und Kontrabass, und garniert mit virtuosen Trompetensoli (Paul Meiler), macht die Aufführung zu einem musikalischen Erlebnis.

Die sonst beim Bearbeiter und Dirigenten Franz Killer in den Produktionen der von ihm geleiteten Pocket Opera so beliebten Collagen barocker Kompositionen mit Musikstücken späterer Jahrhunderte, beschränkt sich diesmal auf jene Momente, in denen nachfolgende Generationen Arnes Partitur geplündert haben, von der Titelmelodie zu Agatha Christies „Miss Marple“, über „Go West“, bis hin zu Michael Nyman. Die uns geläufigeren, späten Versionen erklingen interludiert, nach dem jeweiligen Original von Thomas Arne. Und „Rule Britannia“, die heimliche britische Nationalhymne, häufig parodiert und bearbeitet, u. a. auch im Jahre 1837 von Richard Wagner als Konzertouvertüre, ist hier endlich einmal im Original zu erleben, als wirkungsvoller, krönender Abschluss von Arnes Oper „The Masque of Alfred“.

Nach knapp drei Stunden Aufführungsdauer geizte das Premierenpublikum nicht mit Applaus und Bravorufen.

Weitere Aufführungen: 6., 13., 14. Juli 2012

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