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Ensemble. Foto: Marie-Laure Briane
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Sonnig-spritziger Bühnen-Regen – „Singin’ in the Rain“ am Münchner Gärtnerplatztheater

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Okay, Gene Kellys Regen-Tanz-Nummer und Donald O’Connors „Make ’Em Laugh“-Artistik sind seit 1952 unwiederholbare Solitäre des Musicalfilms und machen „Singin’ in the Rain“ zum besten Tanzfilm neben „West Side Story“. Doch jeder eingehend interessierte Freund des Tanzfilms weiß um die x-fache Wiederholung bei der Aufzeichnung, um raffinierte Schnitte, wirkungssteigernde Kamerawechsel, ja um die langsamere Aufzeichnung und das beschleunigte Hineinkopieren von „Fit as a Fiddle“ und das Nachsynchronisieren des Step-Tanz-Geklackers – während auf der Theaterbühne einzig das „Hier und Jetzt“ gilt.

Zurecht schob im Münchner Prinzregententheater der regieführende Hausherr Josef E. Köpplinger am Ende Ricarda Regina Ludigkeit zu einem Einzel-Applaus nach vorne: die gewichtige Lady mit der metier-untauglichen hüftlangen roten Mähne wirkt nicht wie eine der bekannten Choreografinnen – und zeigte abermals das gewisse Händchen für das rasante „Hinfetzen“ einer Tanz-Einlage, für die opulente Chorus-„Betanzung“ einer großen Show-Treppe samt Regenschirm-Choreografie, für das herrlich gespreizte Gehabe der Stummfilm-Diva Lina Lamont, das beflissene Flitzen der Assistenten im Filmstudio, das durchgängige, auf „Auffallen“ und „Entdecktwerden“ gestylte sexy Getue der kleinen Masken-, Kostüm- und Script-Girls hinter den Hauptfiguren – und dann hat Ludigkeit wohl wochenlang mit Daniel Prohaska (Don Lockwood), Nadine Zeintl (Kathy Seldon) und Peter Lesiak (Cosmo Brown) hart an den Stepp-Nummern gearbeitet.

Das Ergebnis erntete zu Recht Szenenapplaus bis hin zu begeistertem Jubel nach jeder Nummer, bestach mit Können, Pfiffigkeit und Rasanz – alles in „Echtzeit“ und „live“ und eingeleitet oder bruchlos fortgeführt von gut getimten und schauspielerisch gut gestalteten Dialogen. Das Gärtnerplatztheater konnte stolz exzellente Sänger-Tänzer-Schauspieler vorführen. Das galt in besonderem Maße für Bettina Mönch: Sie brachte nicht nur eine Traumfigur für die Stummfilm-Diva Lamont mit, ihr glaubte man auch den Glamour und die Biestigkeit des „blonden Gifts“ – doch dann trötete sie so herrlich schrill und machte ihre Untauglichkeit für den beginnenden Tonfilm verständlich, dass man ihr auch das Elend ihrer einzig deutsch gesungenen Nummer „Was mach’ ich falsch?“ abnahm.

Timing

Regisseur Köpplinger hatte darüber hinaus mit wirksamem Gespür fürs „Timing“ herrliche Neben- und Mehrfachrollenporträts geschaffen, so den tumb erfolgsgierigen Studioboss von Erwin Windegger, die Star-Tratsch-fixierte Radiomoderatorin, Domina-gleiche Vorzimmer-Sekretärin und dann auch russische Sprachlehrerin von Dagmar Hellberg oder den herrlich realitätsfernen Wortklang-verliebten Sprachlehrer von Christian Schleinzer, der zwangsläufig die Wortspiel-Nummer „Moses supposes…“ provoziert – und dergleichen ließe sich zu jeder Figur von Susanne Seimel über Hannes Muik bis Robert Schmelcher sagen: Bravo für alle Masken und Kostüme! Die schnellen Verwandlungen in der von Rainer Sinell nachgeschaffenen Rolf-Langenfass-Ausstattung klappten. Die herab fahrende Preview-Leinwand bot die Stummfilm-Sequenzen in werkgerechtem Schwarz-Weiß-Geflimmer und man merkte dem Quartett Prohaska-Lesiak-Zeintl-Mönch den Spaß am verzopften „Drama“ an. Sie alle führte Jeff Frohner am Pult des ein bisschen in Richtung Big Band besetzten Orchesters des Staatstheaters mit Verve für die kessen Rhythmen wie auch mit Gespür für den Schmelz dieser Song-Klassiker von Herb Brown und Arthur Freed. Einfach ein staunenswert „gekonnter“ Theaterabend, so dass man gerne ein zweites Mal in diesem „Regen“ mitsingen möchte …

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