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Suche nach dem Jetzt - Technophobia mit Francesco Tristano bei der Ruhrtriennale

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Während beim Techno seit der Gründerzeit die Revolution vor allem von den Maschinen ausging, erobern die Ingredienzen dieser Musikrichtung jetzt die Konzertsäle zurück. Der Detroiter DJ-Künstler Jeff Mills hatte hier gewissermaßen eine Pioniertat vollbracht, als er seine elektronisch generierten Tracks für großes Sinfonieorchester arrangierte und damit charismatisches Hörkino lieferte! (Jeff Mills: Blue Potential –  live with Montpellier Philharmonic Orchestra, Tresor Records 2006)

Aktuell sorgt ein junger, aus Luxemburg stammender Pianist für Furore, der in heiligen New Yorker Konservatoriums-Hallen die Klassik studierte – und bei dem sich der ästhetische Bogen seitdem völlig selbstverständlich von Bach über den Minimalismus eines John Cage bis hin zur Clubkultur von heute spannt. Denn diese begreift Tristano, der heute in Barcelona lebt, als die wohl dynamischste Form musikalischer Gegenwart.

„Ideosynkrasia“ lautet sein aktuelles Album, und dies rückt die exzellente Pianistik des 1981 geborenen in ein verblüffendes Licht, wenn unter seinen Händen repetitive Texturen von bestechender Klarheit entstehen, und die jedem gut gebauten House-Track das Wasser reichen können. Zugleich bewahrt ihn eine immense kompositorische Fantasie von jedem schnöden Crossover-Denken – das wird beim Hören des Albums hinreichend deutlich.

Also kann man gespannt sein, was morgen abend in der Bochumer Jahrhunderthalle passieren wird: Tristano ist zurzeit angesagt genug, dass sich die Ruhrtriennale diesem Thema annimmt und den grenzgängerischen Pianisten nun schon zum zweiten Mal präsentiert. Das aktuelle Triennale-Motto postuliert ja auch eine „Suche nach dem Jetzt“, dem sich Tristano hinreichend plausibel verschreibt, wenn er „Klavierabende“ in so artfremden Örtlichkeiten wie dem Berliner Elektronik-Tempel Berghain veranstaltet, zugleich aber auch als Artist in Residence eine Spielzeit lang mit den Hamburger Sinfonikern zusammenarbeitete und seit dem diesjährigen Klavierfestival Ruhr auch in hiesigen Breiten auf Gehör stieß.

Nach Bochum kommt er in seinem aktuellen Lieblings-Trio, das so ganz die Achse Detroit-Berlin verkörpert: Denn da ist die Eminenz aus der „Motor City“, nämlich Carl Craig, sowie ein Urgestein in Sachen Minimal Techno aus Berlin, nämlich Moritz von Oswald. Und damit all dies auch zu einem Event im Breitwandformat wird, was gestandene Konzertbesucher und Triennale-Fans hellhörig auf neue Klänge werden lässt, sind die Duisburger Sinfoniker als Bindeglied eingespannt.
 
 

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