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Lauren Lee als Dell und Christian Michael Newman als Jim in David Contes „The Gift of the Magi“. Foto: Berlin International Opera
Lauren Lee als Dell und Christian Michael Newman als Jim in David Contes „The Gift of the Magi“. Foto: Berlin International Opera
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Weihnachtsoper, amerikanisch: deutsche Erstaufführung von David Contes „The Gift of the Magi“ in Berlin

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Den 1955 geborenen David Conte, einen der letzten Schüler Nadja Boulangers, kennt man hierzulande kaum, obgleich sein Werkverzeichnis Filmmusiken, Chöre, Instrumentalkompositionen und fünf Opern umfasst. Die 1997 am San Francisco Conservatory of Music uraufgeführte Kammeroper „The Gift of the Magi“ – zu deutsch etwa: Das Geschenk der Heiligen drei Könige – verlangt vier Opernsänger und drei A-cappella-Sänger. Seine deutsche Erstaufführung erlebte das Weihnachtsstück am Englischen Theater Berlin.

Nicholas Giardinis Libretto ist die Dramatisierung einer (auch vom finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara vertonten) Kurzgeschichte von O. Henry (Pseudonym für William Sydney Porter, 1862–1910) und spielt im Jahre 1910: Ein armes Einwanderer-Liebespaar verspricht sich gegenseitig, sich zu Weihnachten nichts zu schenken. Aber dann versetzen beide ihre einzige Habe, Jim seine goldene Taschenuhr, ein Familienerbstück, und Della ihre langen Haare – und so werden die Geschenke, eine goldene Uhrkette und Perlmuttkämme als Weihnachtsgaben sinnlos. Aber die Weisen vor dem Haus konstatieren, die beiden hätten sich das wertvollste Geschenk gemacht, das es gibt, die selbstlose Liebe.

Obgleich David Contes Partitur nur vierzehn Instrumentalisten verlangt, würde diese Kammerbesetzung doch noch die Maße des des Englischen Theaters sprengen. Also leitete die Japanerin Kanako Nakagawe die Aufführung der Berlin International Opera vom Klavier aus.

Das Vorspiel zur Oper sequenziert ein Thema aus einer Partitur, die ebenfalls mit dem Jahre 1910 verbunden ist: In diesem Jahr wurden an der Met New York Humperdincks „Königskinder“ uraufgeführt, eine tragisch im Winterschnee endende Liebesgeschichte. Nach dieser Reminiszenz schwört sich Contes Partitur jedoch mehr und mehr ein auf einen Tonfall à la Puccini ein – und wohl nicht nur, da dessen „La Bohéme“ im zweiten Akt ebenfalls zur Weihnachtszeit spielt.
In Europa wäre eine derartig rückwärts gewandte, ungebrochen tonale Tonsprache, am Ende des 20. Jahrhunderts wohl als gräulicher Kitsch abgetan worden; aber im Land seiner Entstehung wurde Contes Kammeroper als Seitenstück zu Menottis Weihnachtsoper „Amahl und die nächtlichen Besucher“ eingestuft. „The Gift of the Magi“, das melodisch auch die Nähe zum Musical nicht scheut, erfuhr in den USA eine Reihe von Produktionen sowie eine hochwertig besetzte CD-Einspielung.

Regisseurin Anke Rauthmann verlegte die Handlung des „Immigrant Xmas“ behutsam in das heutige Berlin, indem die auf knapp neunzig Minuten verkürzte Musik immer wieder von dokumentarischen Videofilm-Kommentaren der Mitwirkenden als Fremde in Berlin unterbrochen wird. Der türkische Filmer Servet Ahmet Golbol wählte für diese Sequenzen das ungewöhnliche Hochformat, projiziert auf ein Rollo der Wohnstube. Clou in der Raumlösung von Robert Pflanz ist eine Drehbühnenvorrichtung: die Weisen drehen das Haus nach Bedarf, wodurch das Spiel auf der Straße mit dem in der Stube sinnfällig verbunden wird.

Neben der anmutig agierenden, aber in der Höhe flachen koreanischen Sopranistin Lauren Lee als Dell, vermag der amerikanische Tenor Christian Michael Newman als Jim stimmlich zu überzeugen. Als Freunde des Liebespaares boten die kroatische Mezzosopranistin Tanja Simic Queiroz als Meggie und der schweizerische Bariton Remo Tobiaz als Henry beachtliche Leistungen, überboten noch vom sauber intonierten Gesang der drei Weisen (Raphael Bemme, Andrew Young, Tobias Hagge) in den A-cappella-Terzetten.

Rund einhundertfünfzig Zuschauer feierten das internationale Solistenensemble und das Produktionsteam einhellig.

Weitere Aufführungen: 19., 20., 21. Dezember 2010, 3., 4., 5., 6. Januar 2011.

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